Unternehmen in Deutschland sind grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. In § 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) werden für bestimmte Tätigkeiten und Bereiche jedoch Ausnahmen definiert. In diesem Artikel erfahren Sie, wie die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 UStG funktioniert und für welche Tätigkeiten sie gilt. Zudem erklären wir, welche Auswirkungen eine Umsatzsteuerbefreiung auf den Vorsteuerabzug hat und was der Unterschied zwischen einer echten und unechten Steuerbefreiung ist. Darüber hinaus finden Sie eine Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile einer Umsatzsteuerbefreiung sowie Informationen zur Relevanz von § 4 UStG für Kleinunternehmen.
Worum geht es in diesem Artikel?
- Wie funktioniert die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 UStG?
- Für welche Tätigkeiten gilt eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 UStG?
- Welche Auswirkungen hat eine Umsatzsteuerbefreiung auf den Vorsteuerabzug?
- Was ist der Unterschied zwischen echter und unechter Steuerbefreiung?
- Was sind die Vor- und Nachteile einer Umsatzsteuerbefreiung?
- Ist § 4 UStG auch für Kleinunternehmen gültig?
Wie funktioniert die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 UStG?
Die Steuerbehörde erhebt USt. in Deutschland auf fast alle verkauften Waren und erbrachten Dienstleistungen. Die allgemeine USt.-Pflicht gilt für Unternehmen, Einzelunternehmen und Freiberufler/innen – unabhängig davon, ob sie ein Unternehmen betreiben oder nicht. Die Steuerbehörde verlangt von Unternehmen, dass sie die Umsatzsteuer auf ihre Verkaufspreise aufschlagen, sie auf Rechnungen ausweisen und sie im Rahmen ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung an das Finanzamt abführen. Der reguläre Umsatzsteuersatz beträgt derzeit 19 %, während der ermäßigte Satz 7 % beträgt. Deutschland hat Letzteres für wichtige Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs eingeführt (siehe Abschnitt 12 des UStG).
Dennoch unterliegen einige Waren und Dienstleistungen einem Nullsteuersatz. § 4 UStG listet 29 Ausnahmefälle auf, auf die dies zutrifft. Sie unterliegen einer Umsatzsteuer von 0 %, d. h. Umsatzsteuerbefreiung. Folglich kann es sein, dass das Unternehmen die Umsatzsteuer für das Produkt oder die Dienstleistung nicht auf einer entsprechenden Rechnung ausweist. Darüber hinaus muss das Unternehmen der Rechnung einen Vermerk hinzufügen, der die Steuerbefreiung unter Bezugnahme auf den spezifischen Abschnitt und Absatz des UStG begründet.
Grundsätzlich können Unternehmen Dienstleistungen sowohl mit als auch ohne Umsatzsteuerbefreiung erbringen. Wenn Sie die Steuererhebung in Ihrem Unternehmen vereinfachen möchten, informieren Sie sich über Stripe Tax. Mit nur einer einzigen Integration werden Steuern für weltweite Zahlungen automatisch berechnet und erhoben. Darüber hinaus bietet Stripe Tax Zugriff auf alle erforderlichen Steuerdokumente und ermöglicht Ihnen die schnelle und einfache Beantragung von Steuerrückerstattungen.
Für welche Tätigkeiten gilt eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 UStG?
Das primäre Ziel der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 UStG ist es, bestimmte gesellschaftliche und wirtschaftliche Bereiche zu fördern. Daher sind beispielsweise medizinische, soziale und gemeinnützige Tätigkeiten umsatzsteuerbefreit. Gleiches gilt für zahlreiche Tätigkeiten im Bildungsbereich. Darüber hinaus soll mit einer Umsatzsteuerbefreiung eine Doppelbesteuerung bei grenzüberschreitenden Geschäften verhindert werden. Nachfolgend finden Sie eine Auswahl von Tätigkeiten, die von der Umsatzsteuer befreit sind. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die in § 4 UStG aufgeführten Tätigkeiten teilweise in Unterkategorien aufgeschlüsselt sind, die zusätzliche Regelungen und Ausnahmen enthalten:
- ambulante und stationäre medizinische Leistungen sowie Pflegeleistungen
- die Lieferung von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch
- ehrenamtliche Tätigkeiten
- Bildungsleistungen an öffentlichen oder privaten Schulen und Hochschulen sowie anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen
- kulturelle Dienstleistungen von unter anderem Museen, Orchestern, Tierparks oder Archiven sowie die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten
- Finanz- und Versicherungsdienstleistungen wie Zahlungsabwicklungen, die Vergabe von Krediten oder der Verkauf von Versicherungspolicen
- Vermietung und Verpachtung von Grundstücken
- Umsätze, die unter das deutsche Grunderwerbsteuergesetz fallen
- Rennwetten und Lotterien
- innergemeinschaftliche Lieferungen von Waren und Produkten an Unternehmen im EU-Ausland
die grenzüberschreitende Beförderung von Gegenständen - Tätigkeiten in der Luft- und Seeschifffahrt
Welche Auswirkungen hat eine Umsatzsteuerbefreiung auf den Vorsteuerabzug?
Der Vorsteuerabzug ist ein zentrales Konzept des deutschen Umsatzsteuersystems. Er ermöglicht es Unternehmen, die Vorsteuer, also die in Rechnungen anderer Unternehmen ausgewiesene Umsatzsteuer, vom Finanzamt zurückzufordern, und damit von der eigenen Steuerschuld abzuziehen. Vorsteuerabzug bedeutet, dass die eingenommenen Umsatzsteuern aus Verkäufen mit den gezahlten Vorsteuern aus Einkäufen verrechnet werden. Damit bezahlen Unternehmen für Waren und Dienstleistungen anderer umsatzsteuerpflichtiger Unternehmen anders als Privatpersonen lediglich den Nettopreis. Der Vorsteuerabzug erfolgt im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung.
Bei einer Umsatzsteuerbefreiung nach § 4UStG können bei Betriebsausgaben Nettobeträge geltend gemacht bzw. die Vorsteuer kann über die Umsatzsteuervoranmeldung zurückgefordert werden, sofern das Unternehmen auch Leistungen erbringt, die der Umsatzsteuer unterliegen. Erbringt das Unternehmen ausschließlich umsatzsteuerbefreite Lieferungen und Leistungen, ist dies nicht möglich. Zudem muss zwischen echter und unechter Steuerbefreiung unterschieden werden.
Was ist der Unterschied zwischen echter und unechter Steuerbefreiung?
Echte und unechte Steuerbefreiungen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Möglichkeit zum Vorsteuerabzug. Umsätze, die der echten Steuerbefreiung nach § 4 UStG unterliegen, sind für den Vorsteuerabzug zulässig. Dies bedeutet, dass die betroffenen Unternehmen selbst keine Umsatzsteuer ausweisen müssen, aber dennoch die auf Eingangsleistungen gezahlte Vorsteuer vom Finanzamt zurückerhalten. Umsätze, die einer unechten Steuerbefreiung unterliegen, erlauben hingegen keinen Vorsteuerabzug bei Betriebsausgaben.
Echte Steuerbefreiungen
Im Folgenden finden Sie einige Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen:
- Ausfuhrlieferungen in Länder außerhalb der EU
- Innergemeinschaftliche Lieferungen innerhalb der EU
- Transportleistungen in Länder außerhalb der EU
- bestimmte Finanzdienstleistungen
- Luft- und Seefrachtbeförderungen
Unechte Steuerbefreiungen
Im Folgenden finden Sie einige Umsätze, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen:
- medizinische Leistungen und Pflegeleistungen
- Verkauf, Vermietung und Verpachtung von Grundstücken
- Schul- und Bildungsleistungen
- kulturelle und künstlerische Dienstleistungen
- Finanz- und Versicherungsdienstleistungen
- Glücksspielgewinne
- Umsätze von gesetzlichen Trägerinnen und Trägern der Sozialversicherung, Sozialhilfe oder der Kriegsopfervorsorge beziehungsweise -fürsorge
Was sind die Vor- und Nachteile einer Umsatzsteuerbefreiung?
Vorteile einer Umsatzsteuerbefreiung § 4 UStG
Für Unternehmen, die keine Umsatzsteuer abführen, entfällt die Pflicht, eine vollumfängliche Umsatzsteuererklärung zu erstellen und beim Finanzamt eine Umsatzsteuervoranmeldung abzugeben. Dies verringert den bürokratischen Aufwand und spart Zeit. Auch die Rechnungsstellung wird einfacher, da keine Steuersätze berücksichtigt und berechnet werden müssen.
Eine Umsatzsteuerbefreiung kann auch bedeuten, dass Unternehmen keinen oder einen sehr geringen Beratungsbedarf bezüglich umsatzsteuerlichen Themen haben. Folglich können Kosten für Beratungen beispielsweise durch Steuerberater/innen eingespart werden.
Da umsatzsteuerbefreite Unternehmen ihre Waren und Dienstleistungen zu Nettopreisen verkaufen, sparen auch die Kundinnen und Kunden. Sie bezahlen keinen Steuerzuschlag und können damit günstiger kaufen. Dies ist insbesondere für Privatpersonen von Vorteil, die im Unterschied zu Unternehmen gezahlte Vorsteuern nicht vom Finanzamt zurückfordern können.
Niedrigere Preise können die Nachfrage der Kundinnen und Kunden positiv beeinflussen und schließlich einen Wettbewerbsvorteil für die umsatzsteuerbefreiten Unternehmen bedeuten. Zudem kann eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 UStG die internationale Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, wenn Waren und Leistungen ins Ausland – ohne den zusätzlichen Umsatzsteuerbetrag – günstiger verkauft werden.
Nachteile einer Umsatzsteuerbefreiung § 4 UStG
Unternehmen, die von einer unechten Steuerbefreiung betroffen sind, können die Vorsteuer, die sie selbst auf Eingangsrechnungen zahlen, nicht zurückfordern, sofern diese wie oben beschrieben ausschließlich umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen. Das bedeutet, dass die gezahlte Umsatzsteuer auf betriebliche Ausgaben eine endgültige Kostenbelastung darstellt und die Betriebskosten steigen.
Für Geschäftskundinnen und -kunden sind umsatzsteuerbefreite Waren und Leistungen unter Umständen weniger attraktiv, wenn sie den Vorsteuerabzug nutzen wollen. Denn steuerpflichtige Käufe reduzieren die Steuerlast.
Wenn Unternehmen generell keine Umsatzsteuer ausweisen und abrechnen, profitieren sie von einer vereinfachten Buchführung. Es ist jedoch auch möglich, dass Unternehmen sowohl steuerpflichtige als auch steuerbefreite Umsätze erzielen. Dadurch erhöht sich der administrative Aufwand und es gilt, beispielsweise bei der Rechnungsstellung genau hinzuschauen.
Ohne Vorsteuerabzug werden größere Investitionen für die Unternehmen noch teurer – beziehungsweise nicht günstiger durch eine Rückerstattung der Umsatzsteuer. Dies kann in Einzelfällen den Verzicht auf Investitionen bedeuten, der die Entwicklung der Unternehmen bremst.
Vor- und Nachteile einer Umsatzsteuerbefreiung § 4 UStG
Ist § 4 UStG auch für Kleinunternehmen gültig?
Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 UStG zielt auf ausgewählte Berufsgruppen ab. Unabhängig von der Profession haben Unternehmen und Freiberufler/innen in Deutschland jedoch die Möglichkeit, eine Umsatzsteuerbefreiung zu beantragen – als Kleinunternehmen. Laut § 19 UStG können Unternehmer/innen freiwillig den Kleinunternehmerstatus annehmen, wenn ihr Jahresumsatz im Vorjahr maximal 22.000 € sowie im laufenden Jahr 50.000 € nicht übersteigt. Kleinunternehmen führen grundsätzlich keine Umsatzsteuer ab und können im Gegenzug keinen Vorsteuerabzug geltend machen.
Die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG und die Steuerbefreiung nach § 4 UStG sind demnach unterschiedliche Regelungen, die zum gleichen Ergebnis führen. Für Unternehmen, die eine Umsatzsteuerbefreiung beantragen und als Kleinunternehmen firmieren, hat § 4 UStG somit weniger Relevanz. Da sie ohnehin keine Umsatzsteuer abführen, müssen sie beispielsweise nicht prüfen, ob ihre Tätigkeiten unter die echte oder unechte Steuerbefreiung fallen.
Der Inhalt dieses Artikels dient nur zu allgemeinen Informations- und Bildungszwecken und sollte nicht als Rechts- oder Steuerberatung interpretiert werden. Stripe übernimmt keine Gewähr oder Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Angemessenheit oder Aktualität der Informationen in diesem Artikel. Sie sollten den Rat eines in Ihrem steuerlichen Zuständigkeitsbereich zugelassenen kompetenten Rechtsbeistands oder von einer Steuerberatungsstelle einholen und sich hinsichtlich Ihrer speziellen Situation beraten lassen.