Die Umsatzsteuer ist die einzige Steuervariante mit hohem Steueraufkommen, bei der das sogenannte Selbstveranlagungsprinzip gilt, das heißt, die Steuerpflichtigen ermitteln die Höhe ihrer zu entrichtenden Steuer selbst. Da es hierbei beabsichtigt oder unbeabsichtigt zu falschen Angaben kommen kann, sieht das Finanzamt bei der Umsatzsteuer einen erhöhten Prüfungsbedarf. Aus diesem Grund gibt es die Umsatzsteuer-Sonderprüfung. In diesem Artikel erfahren Sie, was eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist, weshalb Sonderprüfungen durchgeführt werden und welche Sachverhalte dabei vom Finanzamt kontrolliert werden. Zudem erklären wir, wie eine umsatzsteuerliche Sonderprüfung Schritt für Schritt abläuft und wie sich Unternehmen darauf vorbereiten können.
Worum geht es in diesem Artikel?
- Was ist eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung?
- Was sind die Gründe für eine Sonderprüfung der Umsatzsteuer?
- Welche Sachverhalte werden bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung geprüft?
- Wie läuft eine Sonderprüfung der Umsatzsteuer ab?
- Wie können sich Unternehmen auf die Umsatzsteuersonderprüfung vorbereiten?
Was ist eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung?
Eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist eine besondere Form der Betriebsprüfung, bei der das Finanzamt den Schwerpunkt auf umsatzsteuerliche und damit verbundene Sachverhalte legt. Als außerordentliche Prüfung erfolgt sie nicht regelmäßig, sondern gezielt und anlassbezogen. Meist wird sie angeordnet, wenn die Steuerangaben eines Unternehmens auffällig oder widersprüchlich sind. Eine Sonderprüfung der Umsatzsteuer ist im Gegensatz zu einer regulären Betriebsprüfung keine Vollprüfung der gesamten Buchführung, sondern konzentriert sich gewöhnlich auf einzelne Sachverhalte oder Zeiträume. Es werden beispielsweise spezifische Monate oder Quartale überprüft, für die eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgegeben worden ist. Daher ist möglich, dass das Finanzamt bei einem Unternehmen innerhalb eines Jahres mehrere Umsatzsteuer-Sonderprüfungen durchführt. Die rechtlichen Grundlagen finden sich unter anderem in § 193 der Abgabenordnung, sowie in den Paragraphen 5 bis 12, 20 bis 24, 29 und 30 der Betriebsprüfungsordnung.
Die Umsatzsteuer-Sonderprüfung muss unterschieden werden von der Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b UStG. Letztere erfolgt unangekündigt und wird beispielsweise bei Hinweisen auf Steuerhinterziehung von der Steuerfahndung durchgeführt. Diese ist zudem befugt, Betriebs- und Geschäftsgrundstücke während der üblichen Arbeitszeiten zu betreten. Laut § 27b Absatz 3 UStG kann die Umsatzsteuer-Nachschau in eine Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergehen – dies muss den betroffenen Unternehmen jedoch schriftlich angekündigt werden.
Was sind die Gründe für eine Sonderprüfung der Umsatzsteuer?
Grundsätzlich muss bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung zwischen Erst- und Bedarfsprüfungen unterschieden werden. Erstere liegen meist im Interesse der Unternehmen, denn bei diesen möchte das Finanzamt Fehler der Buchführung frühzeitig abstellen. Bedarfsprüfungen werden ihrem Namen entsprechend bei Bedarf durchgeführt, wenn das Finanzamt Auffälligkeiten feststellt. Es gibt verschiedene Gründe, warum das Finanzamt eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung anordnen kann. Zu den häufigsten Auslösern gehören:
- Unregelmäßigkeiten in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen: Wenn Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht oder nicht rechtzeitig eingereicht wurden, kann dies das Finanzamt dazu veranlassen, eine Sonderprüfung durchzuführen. Auch deutliche Abweichungen der gemeldeten Umsätze oder Vorsteuerbeträge im Vergleich zu Vorperioden können Verdacht erregen.
- Unplausible Angaben: Wenn es Diskrepanzen zwischen den gemeldeten Umsätzen und den Angaben in anderen Steuererklärungen wie der Einkommens- oder der Körperschaftssteuer gibt, kann dies als Hinweis auf falsche Angaben gewertet werden. Zudem können ungewöhnlich hohe Vorsteuerbeträge ohne entsprechende Umsätze eine Sonderprüfung der Umsatzsteuer auslösen.
- Häufige Berichtigungen der Umsatzsteuer-Voranmeldungen: Korrigieren oder berichtigen Unternehmen die Angaben ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldungen unverhältnismäßig häufig, kann dies ebenfalls Misstrauen beim Finanzamt erwecken und eine Sonderprüfung nach sich ziehen.
- Fehlende oder falsche Rechnungen: Bei fehlenden oder nicht ordnungsgemäßen Rechnungen ist eine Sonderprüfung wahrscheinlich. Daher sollten Unternehmen stets darauf achten, dass ihre Rechnungsdokumente korrekt sind und alle Pflichtangaben nach § 14 Abs. 4 UStG – darunter insbesondere die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer – aufgeführt sind.
- Betriebsprüfungen und Kontrollmitteilungen: Wenn bei einer allgemeinen Betriebsprüfung oder einer Prüfung bei Geschäftspartnerinnen beziehungsweise Geschäftspartnern Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, kann dies zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung führen. Gleiches gilt für Kontrollmitteilungen, die das Finanzamt von anderen Finanzbehörden oder Dritten wie Gerichten oder Notarinnen und Notaren erhält.
- Unternehmensneugründungen oder strukturelle Änderungen: Bei Neugründungen oder drastischen Veränderungen in der Geschäftsstruktur kann das Finanzamt eine Sonderprüfung ansetzen, um sicherzustellen, dass die Umsatzsteuer korrekt erfasst wird.
- Branchenrisiken: Bestimmte Branchen wie die Bauwirtschaft, Gastronomie, Hotellerie oder der Einzelhandel stehen unter besonderer Beobachtung, da hier das Risiko von Umsatzsteuerbetrug höher ist.
Bestenfalls geben Unternehmen dem Finanzamt keinen Anlass für eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Voraussetzung hierfür ist eine saubere Buchführung sowie korrekte Angaben und Berechnungen. Hierbei helfen automatisierte Abläufe, die menschliche Fehler und falsche Angaben reduzieren. Mit Stripe Tax können Sie als Unternehmer/in beispielsweise die Umsatzsteuer aus Ihren Verkäufen automatisch berechnen und erheben. Damit wird stets der korrekte Steuerbetrag ermittelt und Umsatzsteuer-Sonderprüfungen werden unwahrscheinlicher.
Welche Sachverhalte werden bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung geprüft?
Eine Sonderprüfung der Umsatzsteuer kann sich auf viele umsatzsteuerliche Sachverhalte in der Buchführung von Unternehmen beziehen. Hierzu zählen:
- Umsatzsteuer-Voranmeldungen: Die Prüfer/innen kontrollieren, ob die abgegebenen Voranmeldungen korrekt sind und alle Umsätze ordnungsgemäß erfasst wurden.
- Rechnungen: Es wird überprüft, ob die ausgestellten und erhaltenen Rechnungen den formellen Anforderungen des Umsatzsteuergesetzes entsprechen. Dazu gehören Angaben wie die vollständige Anschrift, Steuernummer, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, Rechnungsnummer, Leistungsbeschreibung, Leistungszeitpunkt und der ausgewiesene Steuersatz.
- Steuersätze: Das Finanzamt prüft meist nicht nur, ob die Eingangs- und Ausgangsrechnungen eines Unternehmens Steuersätze enthalten, sondern ob grundsätzlich die korrekten Umsatzsteuersätze ausgewiesen werden. Hintergrund ist unter anderem § 12 UStG, der Waren und Dienstleistungen aufführt, für die ein ermäßigter Steuersatz gilt.
- Vorsteuer: Für die Finanzbehörden ist die Vorsteuer bei einer Sonderprüfung immer von Interesse. Es geht vor allem um die Frage, ob der Vorsteuerabzug korrekt angewandt wurde und ob alle notwendigen Belege vorhanden sind (siehe § 15a UStG). Hierbei ist vor allem wichtig, dass die bezogenen Leistungen unternehmerisch genutzt werden und die Vorsteuerbeträge auf korrekten Rechnungen basieren.
- Auslandsgeschäfte: Führen Unternehmen Geschäfte im Ausland durch, sind auch diese von besonderem Interesse für das Finanzamt. Falls innergemeinschaftliche Lieferungen durchgeführt werden, prüft das Finanzamt beispielsweise, ob die Zusammenfassenden Meldungen korrekt und vollständig abgegeben wurden. Bei innergemeinschaftlichen sonstigen Leistungen wird unter anderem kontrolliert, ob das Reverse-Charge-Verfahren korrekt angewendet wurde.
- Erfassung von Privatentnahmen: Zudem kann das Finanzamt bei Entnahmen aus dem Unternehmensvermögen, die privat genutzt werden, prüfen, ob diese umsatzsteuerlich korrekt erfasst wurden.
Wie läuft eine Sonderprüfung der Umsatzsteuer ab?
Eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung vollzieht sich für gewöhnlich in sieben Schritten. Hier finden Sie den typischen Ablauf:
- Ankündigung der Prüfung: Die Umsatzsteuer-Sonderprüfung wird in der Regel mindestens 14 Tage vorab schriftlich vom Finanzamt angekündigt. In diesem Schreiben teilt das Finanzamt den Prüftermin, die zuständige Prüferin beziehungsweise den zuständigen Prüfer sowie den Prüfungszeitraum und die Unterlagen mit, die geprüft werden sollen. Laut § 6 der Betriebsprüfungsordnung sind als Prüfungsort die Geschäftsräume des Unternehmens vorgesehen. Gibt es keinen geeigneten Geschäftsraum, können die Wohnräume der Steuerpflichtigen genutzt werden oder die Räumlichkeiten der Finanzbehörde. Andere Prüfungsorte kommen nur in Ausnahmefällen in Betracht.
- Prüfungsvorbereitung: Das Unternehmen beziehungsweise die Steuerberaterin oder der Steuerberater sollten die für die Prüfung erforderlichen Unterlagen heraussuchen und bereitlegen.
- Durchführung der Prüfung: Die Prüferin beziehungsweise der Prüfer kommt am angekündigten Termin zum vereinbarten Prüfungsort, wo sie die Unterlagen einsehen und Fragen klären können. Der Umfang und die Tiefe der Prüfung können je nach Unternehmen variieren. Im Normalfall werden analoge und digitale Dokumente wie Rechnungen, Umsatzsteuer-Voranmeldungen oder -Jahreserklärungen auf Unstimmigkeiten geprüft und stichprobenartig Buchungsvorgänge nachvollzogen. Rückfragen müssen beantwortet werden, da die Steuerpflichtigen laut § 200 der Abgabenordnung zur Mitwirkung verpflichtet sind.
- Schlussbesprechung: Nach der Prüfung teilen die Prüfer/innen dem Unternehmen ihre vorläufigen Ergebnisse sowie mögliche Konsequenzen und Handlungsempfehlungen mit. Dies kann unmittelbar nach der Prüfung geschehen oder in einem separaten Termin. In diesem Gespräch können auch eventuelle Unstimmigkeiten erläutert und besprochen werden. Die Steuerpflichtigen beziehungsweise deren Vertreter/innen haben hier noch die Möglichkeit, Erklärungen oder zusätzliche Belege vorzulegen, um etwaige Missverständnisse aufzuklären.
- Erstellung der Kontrollmitteilung: Nach Abschluss der Sonderprüfung erstellt die Prüferin beziehungsweise der Prüfer einen schriftlichen Prüfungsbericht. Dieser fasst die Ergebnisse der Prüfung zusammen und listet eventuelle Beanstandungen oder Korrekturen auf. Diese sogenannte Kontrollmitteilung wird dem Unternehmen sowie anderen Finanzbehörden überstellt.
- Steuerliche Auswirkungen: Auf Basis des Prüfungsberichts entscheidet das Finanzamt über eventuelle Nach- oder Rückzahlungen. Falls fehlerhafte Angaben festgestellt wurden, kann das Finanzamt geänderte Umsatzsteuerbescheide erlassen.
- Rechtsbehelfe: Falls die Steuerpflichtigen mit dem Ergebnis der Prüfung nicht einverstanden sind, können sie Einspruch gegen den geänderten Steuerbescheid einlegen. Gegebenenfalls müssen Sachverhalte gerichtlich geklärt werden.
Ablauf einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung
Procedure steps
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Responsible party
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Announcement of the audit | Tax office |
Audit preparation | Company or tax advisor |
Conducting the audit | Auditor |
Final discussion | Auditors and the company |
Creating the audit report | Auditor |
Tax implications | Tax office |
Legal remedies | Taxpayer |
Wie können sich Unternehmen auf die Umsatzsteuersonderprüfung vorbereiten?
Unternehmer/innen, denen eine Sonderprüfung der Umsatzsteuer angekündigt wurde, sollten zunächst Rücksprache mit ihrer Steuerberatung halten. Diese haben im Normalfall Routine mit dem Prozedere und wissen unter anderem, welche Dokumente das Finanzamt prüfen möchte.
Im ersten Schritt sollten alle notwendigen Unterlagen herausgesucht und analog oder digital zur Prüfung bereitgestellt werden. Dies sind unter anderem Umsatzsteuer-Voranmeldungen sowie -jahreserklärungen, Ein- und Ausgangsrechnungen, Belege für den Vorsteuerabzug sowie Verträge und andere relevante Dokumente. Hierbei kann Stripe Tax helfen, da Tax nicht nur automatisch die richtigen Steuerbeträge für weltweite Zahlungen erhebt und meldet, sondern Ihnen zudem einen zentralen Zugriff auf sämtliche relevante Steuerunterlagen ermöglicht.
Im Zuge der Dokumentensichtung empfiehlt es sich, sämtliche Unterlagen auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Bei den Ein- und Ausgangsrechnungen sollten beispielsweise alle notwendigen Pflichtangaben enthalten und die Vorsteuerbeträge korrekt ausgewiesen sein. Wichtig ist darüber hinaus, dass zu jeder getätigten Buchung ein Beleg vorliegt. Sämtliche Unterlagen sollten übersichtlich und geordnet aufbereitet sein, damit die Prüfer/innen sich schnell einen Überblick verschaffen können. Sollten Ihnen im Rahmen der Vorbereitung Versäumnisse oder Fehler auffallen, gehen Sie transparent damit um: Teilen Sie diese den Prüfer/innen am besten direkt zu Beginn der Sonderprüfung mit. Kleinere Fehler führen nicht automatisch zu Nachzahlungen. Zudem ist es wichtig, als vertrauenswürdiges und kooperatives Unternehmen aufzutreten. Wenn Sie hingegen versuchen, Versäumnisse zu verschleiern, und diese werden im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung entdeckt, werden die Prüfer/innen in der Folge umso genauer hinschauen.
Der Inhalt dieses Artikels dient nur zu allgemeinen Informations- und Bildungszwecken und sollte nicht als Rechts- oder Steuerberatung interpretiert werden. Stripe übernimmt keine Gewähr oder Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Angemessenheit oder Aktualität der Informationen in diesem Artikel. Sie sollten den Rat eines in Ihrem steuerlichen Zuständigkeitsbereich zugelassenen kompetenten Rechtsbeistands oder von einer Steuerberatungsstelle einholen und sich hinsichtlich Ihrer speziellen Situation beraten lassen.