Unternehmen, die in Deutschland Zahlungsdienste erbringen, benötigen hierfür eine schriftliche Erlaubnis der BaFin. Denn sie unterliegen dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG). Vor allem Händler/innen sollten ganz genau prüfen, ob sie dem Gesetz unterliegen – denn ist dies der Fall und eine Erlaubnis liegt nicht vor, drohen juristischer Ärger und empfindliche Geldstrafen. In diesem Artikel erfahren Sie, was das ZAG ist, wen es betrifft und welche Zahlungsdienste unter das Gesetz fallen beziehungsweise davon befreit sind. Zudem erläutern wir, auf was Unternehmen bei Finanztransfergeschäften und Zahlungsvorgängen mit Gutscheinkarten achten müssen.
Worum geht es in diesem Artikel?
- Was ist das ZAG?
- Wen betrifft das ZAG?
- Welche Zahlungsdienste fallen unter das ZAG?
- Auf was müssen Unternehmen bei Finanztransfergeschäften achten?
- Welche Zahlungsvorgänge fallen nicht unter das ZAG?
- Auf was müssen Unternehmen bei Zahlungsvorgängen mit Gutscheinkarten achten?
Was ist das ZAG?
Das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) ist ein deutsches Gesetz, welches Zahlungsdienstleister/innen und -instituten ermöglicht, Zahlungsdienste zu erbringen – was ursprünglich ausschließlich klassischen Banken vorbehalten war. Dank des ZAG können sich alle Nichtbanken, die Zahlungsdienste gewerbsmäßig erbringen, als dafür berechtigt qualifizieren. Dies bringt in der Folge zahlreiche Rechte und auch Pflichten mit sich, die im ZAG geregelt sind. Unter anderem ist eine Erlaubnis von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) notwendig.
Das ZAG wurde eingeführt, um in Deutschland die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten zu gewährleisten beziehungsweise durchzusetzen. Es ist die nationale Umsetzung europäischer Zahlungsdienstrichtlinien: Seinen Ursprung hat das ZAG in der ersten EU-Zahlungsdienstrichtlinie (Payment Services Directive, kurz: PSD), welche 2007 einen einheitlichen Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Dienstleistungen der Zahlungsdiensteanbieter im gesamteuropäischen Raum schaffen sollte. In Deutschland wurde die Richtlinie 2009 durch das Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz (auch: Gesetz zur Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Zahlungsdiensterichtlinie) in nationales Recht überführt. Damit wurde das Girogeschäft, das Finanztransfergeschäft sowie das Kreditkartengeschäft aus dem Katalog der erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte herausgenommen. Heißt: Fortan durften nicht nur Banken diese Zahlungsdienste anbieten.
Es dauerte jedoch nur wenige Jahre bis die europäische Richtlinie einer Anpassung bedurfte – unter anderem durch neue Technologien und innovative Geschäftsmodelle im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung. In der Folge wurde 2015 die zweite EU-Zahlungsdienstrichtlinie (PSD2) erlassen. Diese enthielt eine Reihe neuer Regelungen, die die Sicherheit im Zahlungsverkehr auf dem europäischen Binnenmarkt erhöhen und mehr Wettbewerb durch eine Erweiterung der Zahlungsdienste ermöglichen sollte. Auch die PSD2 musste in deutsches Recht „übersetzt” werden: Seit Januar 2018 ist das immer noch aktuelle Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz in Kraft (auch: Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie).
Wen betrifft das ZAG?
Das ZAG betrifft laut § 1 Abs. 1 sowohl Zahlungsinstitute als auch Zahlungsdiensteanbieter. Erstere sind alle Unternehmen, die gewerbsmäßig Zahlungsdienste erbringen. Gewerbsmäßig sind Zahlungsdienste dann, wenn sie auf eine gewisse Dauer angelegt sind und die Absicht einer Gewinnerzielung verfolgen. Diese Zahlungsdienste unterliegen dem ZAG auch dann, wenn sie nur als Nebentätigkeit zu einer anderen Tätigkeit außerhalb des Finanzsektors erbracht werden.
Zahlungsdienstleister (Payment Service Provider, kurz: PSP) sind alle E-Geld-Institute, CRR-Kreditinstitute, Zahlungsinstitute sowie die Europäische Zentralbank, die Deutsche Bundesbank und andere Zentralbanken in der EU, wenn sie außerhalb ihrer Eigenschaft als Währungsbehörde Zahlungsdienste erbringen. Des Weiteren werden der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände genannt sowie die Träger der bundes- oder landesmittelbarer Verwaltung. Dies impliziert die öffentliche Schuldenverwaltung, die Sozialversicherungsträger und die Bundesagentur für Arbeit – unter der Voraussetzung, dass diese Zahlungsdienste außerhalb ihres hoheitlichen Handelns erbringen.
Zum grundsätzlichen Verständnis von Zahlungsdiensten hilft die Betrachtung des Drei-Personen-Verhältnisses: Bei jedem Zahlungsdienst gibt es Zahler/innen, Zahlungsempfänger/innen und Zahlungsdienstleister/innen. Letztere helfen den Zahlerinnen und Zahlern Gelder auf die Empfänger/innen zu übertragen.
Welche Zahlungsdienste fallen unter das ZAG?
Die folgenden Zahlungsdienste werden als solche im ZAG unter § 1 Abs. 1 aufgeführt und fallen damit unter die entsprechenden gesetzlichen Regelungen:
- Einzahlungsgeschäfte: Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf ein Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge
- Auszahlungsgeschäfte: Dienste, mit denen Barauszahlungen von einem Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge
- Lastschriftgeschäfte: Zahlungsvorgänge per Lastschrift auf das Konto eines Nutzers beziehungsweise einer Nutzerin oder auf das Konto dritter Zahlungsdienstleister/innen
- Zahlungskartengeschäfte: Zahlungsvorgänge mittels einer Zahlungskarte auf das Konto eines Nutzers beziehungsweise einer Nutzerin oder auf das Konto dritter Zahlungsdienstleister/innen
- Überweisungsgeschäfte: Zahlungsvorgänge mittels einer Überweisung auf das Konto eines Nutzers beziehungsweise einer Nutzerin oder auf das Konto dritter Zahlungsdienstleister/innen
- Zahlungsgeschäfte mit Kreditgewährung: Zahlungsvorgänge, die durch einen Kreditrahmen für die Nutzer/innen von Zahlungsdiensten gedeckt sind (siehe § 3 Abs. 4 ZAG)
- Akquisitionsgeschäfte: die Ausgabe von Zahlungsinstrumenten oder die Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen
- Finanztransfergeschäfte: Dienste, bei denen ohne Einrichtung eines Zahlungskontos auf den Namen der Zahler/innen, der Empfänger/innen oder in deren Namen handelnden Zahlungsdienstleister Geldbeträge übermittelt werden
- Zahlungsauslösedienste: Dienste, bei denen auf Veranlassung eines Nutzers beziehungsweise einer Nutzerin ein Zahlungsauftrag in Bezug auf ein bei anderen Zahlungsdienstleister/innen geführtes Zahlungskonto ausgelöst wird
- Kontoinformationsdienste: Dienste, die Kontoinhaber/innen Informationen zu ihren Zahlungskonten bei einem oder mehreren Zahlungsdienstleister/innen zur Verfügung stellen
Beispiel Lieferheld
Die Definition eines Zahlungsdienstes ist im ZAG weit gefasst, sodass auch viele Unternehmen betroffen sind, die nicht aus dem Finanzsektor stammen. Ein prominentes Beispiel ist der Lieferdienst „Lieferheld“, der mittlerweile übernommen wurde und unter seinem ursprünglichen Namen nicht mehr existiert. Lieferheld wurde als Vermittler von Speisen und Getränken vom Landgericht Köln als „Zahlungsinstitut” eingestuft. Die Begründung: Das Unternehmen erbringe Finanztransfergeschäfte, da das Geld, welches die Kundinnen und Kunden bezahlen, zu großen Teilen an die Gastronomie-Betriebe weitergeleitet werde. Damit unterlag Lieferheld dem ZAG und benötigte für seine Unternehmungen eine Erlaubnis der BaFin.
Auf was müssen Unternehmen bei Finanztransfergeschäften achten?
Das „Lieferheld-Urteil“ des LG Köln ist ein Paradebeispiel für ein Finanztransfergeschäft, aus welchem andere Unternehmen ihre Lehren ziehen sollten. Nahezu jedes Geschäftsmodell, das die Weiterleitung von Fremdgeldern beinhaltet, fällt im Zweifel unter das ZAG und bedarf daher einer BaFin-Erlaubnis. Dies betrifft nicht nur Lieferdienste für zubereitete Speisen, sondern auch sämtliche andere Lieferdienste. Internetmarktplätze, Plattformmodelle oder Personaldienstleister/innen fallen meist ebenfalls unter das ZAG. Unternehmen sollten daher ganz genau prüfen, ob sie Finanztransfergeschäfte betreiben und dementsprechend eine Erlaubnis benötigen.
Die BaFin selbst prüft Unternehmen auf die Durchführung von Finanztransfergeschäften. Doch selbst wenn die Bundesanstalt nicht aus eigener Initiative aktiv wird, können Unternehmen in ihren Fokus geraten. Bei Lieferheld klagte einst ein Wettbewerber mit ähnlichem Geschäftsmodell, der seinerseits eine Erlaubnis eingeholt hatte. Er sah einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß darin, dass Lieferheld keine entsprechende Erlaubnis innehatte. Die Zahl vergleichbarer Fälle hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Wettbewerber pochen auf die Einhaltung finanzaufsichtsrechtlicher Vorgaben der Konkurrenz, um selbst keine Nachteile davonzutragen. Häufig werden Verstöße direkt bei der BaFin gemeldet.
Beispiel Treuhänder/innen, Inkassounternehmen und Factoring
Auch die Dienste von Treuhänderinnen und Treuhändern können als Finanztransfergeschäfte gewertet werden – sofern diese Geldbeträge entgegennehmen und weiterleiten. Gleiches gilt für sämtliche Tätigkeiten von Inkassounternehmen im Hinblick auf das Beitreiben von Forderungen. Nur die Betreibung von als zahlungsgestört definierten Forderungen fällt laut BaFin derzeit nicht unter die Regelungen des ZAG. Das Factoring wird ebenfalls als Finanztransfergeschäft betrachtet – zumindest in den Fällen, in denen die erbrachte Dienstleistung wirtschaftlich betrachtet auf die Zahlungsabwicklung abzielt, nicht auf die Finanzierung der Vertragspartner/innen.
Welche Zahlungsvorgänge fallen nicht unter das ZAG?
In § 2 ZAG werden einige Zahlungsvorgänge aufgelistet, die nicht als Zahlungsdienstleistungen gelten und demnach erlaubnisfrei erbracht werden dürfen. Diese sind:
- unmittelbare Bargeldzahlungen
- Zahlungsvorgänge über Handelsvertreter/innen oder Zentralregulierer für gewerbsmäßige Bargeldtransporte
- Zahlungsvorgänge im sogenannten „Cash-Back-Verfahren“ (zum Beispiel Bargeldauszahlungen im Supermarkt)
- Geldwechselgeschäfte in bar
- Zahlungsvorgänge, denen ein Gutschein, Scheck, Wechsel, Reisescheck oder eine Postanweisung in Papierform zugrunde liegen
- Zahlungsvorgänge innerhalb eines Zahlungs- oder Wertpapierabwicklungssystems
- Zahlungsvorgänge im Zusammenhang mit der Bedienung von Wertpapieranlagen
- Technische Dienstleistungen zur Erbringung von Zahlungsdiensten
- Zahlungssysteme in limitierten Netzen oder mit limitierter Produktpalette und Instrumente zu sozialen oder steuerlichen Zwecken
- Zahlungsvorgänge bei elektronischen Kommunikationsnetzen/-diensten
- Konzern-/verbundinterne Zahlungsvorgänge
- Bargeldabhebungsdienste
- Entgegennahme und Übergabe von Bargeld im Rahmen einer gemeinnützigen Tätigkeit
Auf was müssen Unternehmen bei Zahlungsvorgängen mit Gutscheinkarten achten?
Gutscheinkarten sind ein sehr gängiges Zahlungsmittel. Daher haben Zahlungsvorgänge mittels Karten innerhalb eines begrenzten Netzwerkes, sogenannte Verbundzahlsysteme, für viele Unternehmen eine besondere Relevanz. Dies betrifft unter anderem Gutschein-, Kunden- oder Tankkarten, die ausschließlich beim betreffenden Unternehmen genutzt werden. Auch Bezahlkarten, zum Beispiel in Kantinen, Sportstadien, Ferienclubs oder auf einem Universitätscampus zählen zu den Verbundzahlsystemen; ebenso wie Verbundkarten des öffentlichen Personennahverkehrs, die zum Kauf von Fahrscheinen verwendet werden. Zahlungen, die mit Karten wie diesen getätigt werden, stellen laut ZAG keinen Zahlungsdienst dar und setzen demnach keine Erlaubnis der BaFin voraus. Händler/innen können sich diese Ausnahme zunutze machen, sollten jedoch immer im Einzelfall prüfen, ob die Karten tatsächlich auf ein in sich geschlossenes Netzwerk beschränkt sind. Erlaubnisfreie und erlaubnispflichtige Tätigkeiten liegen in vielen Fällen nah beieinander.
Weitere ausführliche Informationen zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz finden Sie im entsprechenden Merkblatt der BaFin. Mehr Informationen zu diesen und ähnlichen Themen erhalten Sie in unserer Ressourcensammlung oder melden Sie sich einfach direkt bei unserem Sales-Team!
Der Inhalt dieses Artikels dient nur zu allgemeinen Informations- und Bildungszwecken und sollte nicht als Rechts- oder Steuerberatung interpretiert werden. Stripe übernimmt keine Gewähr oder Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Angemessenheit oder Aktualität der Informationen in diesem Artikel. Sie sollten den Rat eines in Ihrem steuerlichen Zuständigkeitsbereich zugelassenen kompetenten Rechtsbeistands oder von einer Steuerberatungsstelle einholen und sich hinsichtlich Ihrer speziellen Situation beraten lassen.