Lieferkettenfiktion im Online-Handel: Diese neuen Regeln gelten ab 2027 für deutsche Unternehmen

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  1. Einführung
  2. Was ist die Lieferkettenfiktion?
    1. Was ist ViDA?
  3. Wie funktioniert die Lieferkettenfiktion?
  4. Was ändert sich bei der Lieferkettenfiktion?
  5. Wer ist umsatzsteuerpflichtig bei der Lieferkettenfiktion?
  6. Rechnungsstellung bei der Lieferkettenfiktion

Die EU hat 2021 die sogenannte Lieferkettenfiktion eingeführt. Diese Regelung macht Online-Marktplätze bei B2C-Lieferungen zu Steuerschuldnern. Ab 2027 wird sie auf B2B-Lieferungen ausgeweitet.

In diesem Artikel erklären wir, was die Lieferkettenfiktion ist, wie sie funktioniert und welche neuen Bestimmungen zukünftig gelten. Zudem erfahren Sie, wer bei einer Lieferkettenfiktion umsatzsteuerpflichtig ist und auf was bei der Rechnungsstellung zu achten ist.

Worum geht es in diesem Artikel?

  • Was ist die Lieferkettenfiktion?
  • Wie funktioniert die Lieferkettenfiktion?
  • Was ändert sich bei der Lieferkettenfiktion?
  • Wer ist umsatzsteuerpflichtig bei der Lieferkettenfiktion?
  • Rechnungsstellung bei der Lieferkettenfiktion

Was ist die Lieferkettenfiktion?

Die Lieferkettenfiktion bezeichnet eine steuerrechtliche Regelung im E-Commerce, die digitale Marktplätze in fiktive Reihengeschäfte einbindet. Mit dem am 01. Juli 2021 in Kraft getretenen Mehrwertsteuer-Digitalpaket der EU wurde die Lieferkettenfiktion für Lieferungen an Privatpersonen (B2C) von Unternehmen aus Drittländern über Online-Marktplätze eingeführt. Im Rahmen der Umsetzung von ViDA erweitert die EU die Regelung ab 2027 auf Lieferungen an Unternehmen (B2B).

Ziel der Lieferkettenfiktion ist es, die Steuerflüsse im internationalen Handel besser kontrollieren zu können. Hierfür werden die Online-Marktplätze zu Steuerschuldnern gemacht. Bis zur Einführung der Lieferkettenfiktion waren die Händler/innen selbst für das Abführen der Umsatzsteuer verantwortlich. Dies führte jedoch zu Steuerverlusten, da einige Händler/innen ihren Verpflichtungen nicht oder nur unzureichend nachkamen. Mit der Lieferkettenfiktion wird der Online-Marktplatz rechtlich so behandelt, als hätte er die Ware selbst verkauft, wodurch er die Verantwortung für die Abwicklung der Umsatzsteuer übernimmt.

Die Lieferkettenfiktion schafft damit mehr Transparenz und Rechtssicherheit, und entlastet zudem die Finanzbehörden. Statt hunderttausende steuerpflichtige Online-Händler/innen zu kontrollieren, können sich die Finanzbehörden auf wenige große Plattformen konzentrieren, die als zentrale Steuerschuldner fungieren. Dies reduziert den Verwaltungsaufwand und macht Steuerhinterziehung unwahrscheinlicher. Darüber hinaus wird durch die Regelung ein fairer Wettbewerb ermöglicht, da inländische Anbieter/innen nicht durch steuerliche Nachteile gegenüber ausländischen Wettbewerberinnen und Wettbewerbern benachteiligt werden.

Was ist ViDA?

ViDA steht für „VAT in the Digital Age“ und bezeichnet eine Initiative der EU-Kommission zur Modernisierung des bestehenden europäischen Mehrwertsteuersystems. Das Maßnahmenpaket wurde 2022 von der Europäischen Kommission vorgeschlagen und einigen inhaltlichen Anpassungen im November 2024 vom EU-Rat beschlossen.

Mit ViDA sollen vor allem drei Bereiche auf Basis der bestehenden Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL, Richtlinie 2006/112/EG) geregelt werden. Dazu gehören die einheitliche Umsatzsteuerregistrierung, die elektronische Rechnungsstellung und digitale Berichterstattung sowie die schwer zu definierende „Plattformökonomie“. Durch die digitalen Meldepflichten und die Erweiterung des One-Stop-Shop-Systems sollen steuerliche Prozesse effizienter gestaltet und Steuerlücken geschlossen werden. In diesem Zuge erfolgt auch die Erweiterung der Lieferkettenfiktion.

Wie funktioniert die Lieferkettenfiktion?

Bei Verkäufen über digitale Plattformen wird zivilrechtlich lediglich ein Vertrag zwischen Händler/innen und Endkundinnen beziehungsweise Endkunden geschlossen. Der Marktplatz selbst bleibt außen vor und wäre ohne Lieferkettenfiktion auch umsatzsteuerlich nicht involviert. Die Lieferkettenfiktion sorgt jedoch dafür, dass die digitalen Marktplätze als Teil der Lieferkette betrachtet werden.

Dabei wird angenommen, dass der Marktplatz die Ware zunächst von den Händlerinnen und Händlern erwirbt und anschließend an die Endkundinnen und -kunden weiterverkauft – obwohl die Ware physisch nur einmal bewegt wird und der Vertrag unverändert zwischen Händler/innen und Kundinnen und Kunden besteht. Durch diese Annahme entsteht ein fiktives Reihengeschäft, das umsatzsteuerlich zwei Lieferungen beinhaltet.

In § 3 Absatz 3a definiert das Umsatzsteuergesetz (UStG) die Bedingungen für eine Lieferkettenfiktion:

  • E-Commerce-Plattform: Die Lieferungen werden über eine elektronische Schnittstelle beauftragt, also einen Online-Marktplatz, eine elektronische Plattform oder Ähnliches.
  • Drittland: Die Online-Händler/innen sind in einem Drittland, also außerhalb des europäischen Gemeinschaftsgebiet ansässig.
  • Lieferungen: Die Lieferungen beginnen und enden im Gemeinschaftsgebiet, das heißt, es handelt sich um inländische oder innereuropäische Lieferungen.
  • Endkundschaft: Die Lieferungen gehen final an private Endkundinnen und Endkunden.

Die letztgenannte Beschränkung auf B2C-Umsätze wird mit der Umsetzung von ViDA aufgehoben.

Lieferkettenfiktion - Grafische Darstellung einer Lieferkettenfiktion mit drei involvierten Parteien.

Darüber hinaus kommt die Lieferkettenfiktion in einem weiteren Fall zur Anwendung, der Online-Händler/innen mit Sitz in der EU betrifft. Die Regelung greift, wenn sich die Ware bei der Ausführung der Lieferung noch außerhalb der EU befindet und erst eingeführt werden muss, um zu den Kundinnen und Kunden zu gelangen. Der Sachwert der aus dem Drittland eingeführten Ware darf dabei jedoch maximal 150 € betragen (§ 3 Absatz 3a UStG).

Was ändert sich bei der Lieferkettenfiktion?

Ab dem 1. Juli 2027 wird die Lieferkettenfiktion auf B2B-Geschäfte erweitert. Sie greift folglich zukünftig bei allen Lieferungen innerhalb der EU, die Händler/innen aus Drittländern über Online-Marktplätze ausführen.

Zudem soll ab dem 1. Januar 2030 eine Leistungskette bei digitalen Plattformen fingiert werden, die Dienstleistungen im Bereich der Personenbeförderung sowie der kurzfristigen Beherbergung vermitteln. Damit werden auch diese Marktplätze steuerlich so behandelt, als hätten sie selbst die Leistungen erbracht. Ab dem 1. Juli 2028 dürfen die EU-Mitgliedstaaten die Regelung bereits freiwillig umsetzen.

Wer ist umsatzsteuerpflichtig bei der Lieferkettenfiktion?

Da nur ein Kaufvertrag vorliegt und der Kaufpreis nur einmal bezahlt wird, fällt bei der Lieferkettenfiktion auch nur einmal Umsatzsteuer an. Die Lieferung der Online-Händler/innen an den Marktplatz ist steuerfrei, die Lieferung vom Marktplatz zu den Endkundinnen und Endkunden ist steuerpflichtig. Somit wird der Online-Marktplatz zum Steuerschuldner.

Gleiches gilt für Plattformen zur Vermittlung von Dienstleistungen zur Personenbeförderung und zur kurzfristigen Beherbergung. Hier ist jedoch eine Ausnahme möglich: Die Leistenden, also beispielsweise Fahrer/innen oder Vermieter/innen, können die Umsatzsteuer für ihre Umsätze selbst berechnen. Voraussetzung hierfür ist, dass sie dies der Plattform mitteilen und ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer übermitteln. Darüber hinaus ist es den Mitgliedstaaten gestattet, Kleinunternehmen von der Regelung auszunehmen.

Online-Markplätze sollten mit den umsatzsteuerlichen Regelungen bei tatsächlichen und fiktiven Reihengeschäften vertraut sein. Stripe Connect bietet Hilfestellung. Mit Connect können Sie auf Ihrer Plattform unter anderem die automatisierte Berechnung und den Einzug von Umsatzsteuern anbieten. Auf diese Weise stellen Sie sicher, dass bei sämtlichen Lieferungen an Endkundinnen und Endkunden die Umsatzsteuer korrekt berechnet wird. Darüber hinaus können Sie mit Connect Präsenzzahlungen, sofortige Auszahlungen, Finanzierungen, Firmenkreditkarten sowie überall auf der Welt zahlreiche lokale Zahlungsmethoden anbieten.

Rechnungsstellung bei der Lieferkettenfiktion

Die Lieferkettenfiktion bringt auch neue Anforderungen an die Rechnungsstellung mit sich. Hierbei gelten insbesondere die folgenden Vorgaben. Bei der Lieferkettenfiktion stellen nicht die Händler/innen die Rechnung an die Endkundinnen und Endkunden, sondern der Online-Marktplatz. Dieser übernimmt damit die steuerliche Verantwortung. Die entsprechende Rechnung muss die fällige Umsatzsteuer beinhalten. Ist ein deutsches Unternehmen bei einer Lieferung in einem fiktiven Reihengeschäft umsatzsteuerpflichtig, muss die Rechnung die folgenden Pflichtangaben nach § 14 UStG aufführen:

  • vollständiger Name und vollständige Anschrift des leistenden Unternehmens
  • vollständiger Name und vollständige Anschrift der Leistungsempfängerin beziehungsweise des - Leistungsempfängers
  • Datum der Rechnungsausstellung
  • Datum der Lieferung oder sonstigen Leistung
  • die dem leistenden Unternehmen vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
  • eine fortlaufende, einmalig vergebene Rechnungsnummer
  • die Menge und Art der gelieferten Produkte oder den Umfang und die Art der erbrachten Dienstleistung
  • Netto- und Bruttobetrag
  • der anzuwendende Steuersatz und der entsprechende Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis auf die Steuerbefreiung

Der Inhalt dieses Artikels dient nur zu allgemeinen Informations- und Bildungszwecken und sollte nicht als Rechts- oder Steuerberatung interpretiert werden. Stripe übernimmt keine Gewähr oder Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Angemessenheit oder Aktualität der Informationen in diesem Artikel. Sie sollten den Rat eines in Ihrem steuerlichen Zuständigkeitsbereich zugelassenen kompetenten Rechtsbeistands oder von einer Steuerberatungsstelle einholen und sich hinsichtlich Ihrer speziellen Situation beraten lassen.

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