Einzelpersonen mit geringen Umsätzen können von steuerlichen und bürokratischen Entlastungen profitieren, wenn sie die Kleinunternehmerregelung beantragen. In diesem Artikel erfahren Sie, was die Kleinunternehmerregelung ist, welche Voraussetzungen es für sie gibt und welche Pflichten Sie als Kleinunternehmer/in beachten müssen.
Worum geht es in diesem Artikel?
- Was ist die Kleinunternehmerregelung?
- Was ist der Unterschied zum Kleingewerbe?
- Was sind die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung?
- Wer profitiert von der Kleinunternehmerregelung?
- Wie kann man sich als Kleinunternehmer/in registrieren lassen?
- Welche Steuerpflichten gelten bei der Kleinunternehmerregelung?
- Welche anderen Pflichten gelten für Kleinunternehmer/innen?
- Was ist zu tun, wenn die Umsatzgrenzen überschritten werden?
Was ist die Kleinunternehmerregelung?
Unternehmen in Deutschland sind umsatzsteuerpflichtig und müssen somit eine Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer auf ihre Waren und Dienstleistungen ausweisen. Unternehmen mit geringen Umsätzen haben allerdings die Möglichkeit, sich von dieser Pflicht befreien zu lassen. Dafür sieht das Umsatzsteuerrecht gemäß § 19 UStG die Kleinunternehmerregelung vor. Diese Vereinfachungsregelung soll den Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Finanzämter reduzieren, der sonst angesichts der geringen Steuereinnahmen unverhältnismäßig hoch wäre. Allein im Jahr 2022 gab es etwa 550.000 Unternehmensgründer/innen, von denen die Gründer/innen, die geringe Umsätze erwarten, vor der Wahl standen, sich für die Kleinunternehmerregelung zu entscheiden.
Was ist der Unterschied zum Kleingewerbe?
Die Begriffe „Kleinunternehmer“ und „Kleingewerbe“ beziehen sich auf unterschiedliche Sachverhalte. Das Kleingewerbe ist ein gewerbliches Unternehmen, das nicht den Vorschriften des HGB (Handelsgesetzbuch) unterliegt, solange es sich unter den Grenzen von 60.000 Euro Gewinn oder 600.000 Euro Umsatz im Jahr befindet. Kleingewerbe werden nicht im Handelsregister eingetragen und haben vereinfachte Buchhaltungspflichten. Kleingewerbetreibende können zwar zusätzlich die Kleinunternehmerregelung wählen, unterscheiden sich dabei aber von nicht-gewerblichen Unternehmen wie Freiberuflerinnen und Freiberuflern oder einer GmbH.
Was sind die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung?
Die wichtigste Voraussetzung für den Kleinunternehmer-Status ist, dass der gesamte Jahresumsatz des Unternehmens oder des/der Selbstständigen im Vorjahr unter 22.000 Euro lag und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht überschreiten wird. Für die Umsatzgrenze im Gründungsjahr ist relevant, in welchem Monat das Unternehmen gegründet wurde. Dabei ist wichtig zu beachten, dass sich die Umsatzgrenze anteilig anpasst, falls das Unternehmen nicht zu Beginn des Jahres gegründet wurde.
Beispiel: Wird das Unternehmen im Juni gegründet, beläuft sich die Umsatzgrenze auf die restlichen 7 Monate der Geschäftstätigkeit. Das Unternehmen darf im Gründungsjahr somit nur noch 12.833 Euro Gesamtumsatz verzeichnen, um den Erhalt des Kleinunternehmer-Status zu sichern (7/12 × 22.000 Euro).
Wer profitiert von der Kleinunternehmerregelung?
Mit der Kleinunternehmerregelung gehen einige Vor- und Nachteile einher, die für die Entscheidung ihrer Nutzung relevant sind. Die Führung eines regelbesteuerten Unternehmens bringt viele Pflichten mit sich. Dazu zählen unter anderem die Ausweisung der Umsatzsteuer auf allen Rechnungen, die regelmäßige Umsatzsteuervoranmeldung und die Erstellung einer vollumfänglichen Umsatzsteuererklärung. Mit der Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht entfallen diese drei Pflichten. Daraus resultieren folgende Vorteile:
- Ein geringerer Buchhaltungsaufwand, und somit mehr Zeit für unternehmerische Tätigkeiten und Kundenakquise
- Ein Wettbewerbsvorteil gegenüber regelbesteuerter Konkurrenz, da umsatzsteuerfreie Preise günstiger ausfallen
Die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht bringt jedoch auch Nachteile mit sich:
Kleinunternehmer/innen sind nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt und bekommen somit keine Umsatzsteuer für ihre Betriebsausgaben erstattet.
Da auf der Rechnung keine Umsatzsteuer ausgewiesen wird, kann das auf Kunden den Eindruck machen, dass es sich um ein Unternehmen mit geringem Umsatz und somit wenig Geschäftserfahrung handelt.
Die Kleinunternehmerregelung ist nur für in Deutschland verkaufte Waren und Dienstleistungen gültig. Bei grenzüberschreitenden Umsätzen gilt die Regelbesteuerung.
Die Kleinunternehmerregelung ist eine sichere Option für alle, die frisch in die Selbstständigkeit starten oder sich mit ihrem Unternehmen die Möglichkeit eines Nebeneinkommens aufbauen möchten. Langfristig steht die Regelung dem Wachstum des Unternehmens allerdings im Weg.
Wie kann man sich als Kleinunternehmer/in registrieren lassen?
Die Entscheidung zur Nutzung der Kleinunternehmerregelung wird bereits bei der Gründung des Unternehmens getroffen. Dies wird dem zuständigen Finanzamt im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung mitgeteilt. Die Regelung tritt also nicht etwa automatisch in Kraft, sobald ihre Voraussetzungen erfüllt sind, sondern muss aktiv gewählt werden. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass die angegebene Umsatzprognose unter der für die Kleinunternehmerregelung erforderlichen Umsatzgrenze liegt. Alternativ ist es möglich, freiwillig auf die Regelung zu verzichten. Entscheidet sich das Unternehmen für den Verzicht, ist dieses 5 Jahre an die Regelsteuerung gebunden. Erst nach Ablauf der 5 Jahre ist wieder ein Wechsel zur Kleinunternehmerregelung über ein formloses Schreiben an das Finanzamt möglich.
Der Fragebogen zur steuerlichen Erfassung muss innerhalb eines Monats nach Gewerbeanmeldung elektronisch an das zuständige Finanzamt versendet werden. Hierzu dient die Steuerverwaltungs-Plattform ELSTER.
Welche Steuerpflichten gelten bei der Kleinunternehmerregelung?
Für Kleinunternehmer/innen gelten dieselben Steuervorschriften wie für regelbesteuerte Unternehmen, da die Kleinunternehmerregelung sich nur auf das Umsatzsteuerrecht bezieht.
Die folgenden Steuerarten sind für Kleinunternehmer/innen relevant:
(Hinweis: Abgabefrist für alle genannten Steuererklärungen ist der 31.07. des Folgejahres. Die Steuererklärung für das Jahr 2022 muss also bis zum 31.07.23 erfolgen.)
Einkommenssteuer
Unter die Einkommenssteuer fallen gemäß § 2 EStG (Einkommenssteuergesetz) unter anderem alle Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb. Dementsprechend müssen auch Kleinunternehmer/innen ihre Einkünfte im Rahmen der Einkommenssteuer erklären. Hierzu wird einmal jährlich die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) beim Finanzamt eingesendet.
Die Einnahmenüberschussrechnung ist eine einfache Gewinnermittlungsmethode für Freiberufler/innen und Kleingewerbetreibende. Im dazugehörigen Formular „Anlage EÜR“ werden alle Einnahmen und Ausgaben des zu besteuernden Jahres angegeben, um den daraus entsprechenden Gewinn zu errechnen. Dieser Gewinn ist die Grundlage für die zu zahlende Einkommenssteuer. Hier besteht ein Grundfreibetrag von 10.908 Euro (Stand 2023). Liegt das errechnete Einkommen unter dieser Grenze, fällt keine Einkommenssteuer an.
Gewerbesteuer
Die Gewerbesteuer betrifft ausschließlich gewerbetreibende Unternehmer/innen. Freiberuflich tätige Kleinunternehmer zahlen demnach keine Gewerbesteuer und geben auch keine Gewerbesteuererklärung ab. Der Freibetrag der Gewerbesteuer liegt bei 24.500 Euro Gewinn pro Jahr. Da dieser über der Umsatzgrenze für die Kleinunternehmerregelung liegt (maximal 22.000 Euro im Vorjahr), zahlen gewerbetreibende Kleinunternehmer/innen gewöhnlicherweise keine Gewerbesteuer. Trotzdem ist in diesem Fall eine fristgerechte Abgabe der Gewerbesteuererklärung notwendig.
Umsatzsteuer
Trotz der Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht müssen Kleinunternehmen eine jährliche Umsatzsteuererklärung abgeben. Da voraussichtlich keine Umsatzsteuer ausgewiesen wurde, genügt eine Bestätigung dessen in Form einer Nullmeldung.
Welche anderen Pflichten gelten für Kleinunternehmer/innen?
Abseits der steuerbezogenen Pflichten, die für Kleinunternehmer/innen gelten, fallen noch weitere Pflichten an, die die Buchführung und Aufbewahrung von Dokumenten betreffen. Auch bei der Rechnungsstellung gilt es besondere Pflichten zu beachten.
Aufbewahrungspflicht
Für geschäftliche Dokumente wie Rechnungen, Belege, und Verträge gilt eine Aufbewahrungspflicht von bis zu 10 Jahren. In diesem Zeitraum ist das Finanzamt dazu berechtigt, diese Dokumente im Rahmen einer Betriebsprüfung anzufordern. Die genauen Fristen und betroffenen Dokumente sind in §147 Abgabeordnung und §257 Handelsgesetzbuch verzeichnet.
Buchführungspflicht
Für Kleinunternehmer/innen gilt die Pflicht zur einfachen Buchführung. Diese umfasst die chronologische und separierte Dokumentation aller Betriebseinnahmen und -ausgaben, die wiederum zur Erstellung der Einnahmenüberschussrechnung benötigt werden.
Kennzeichnungspflicht auf Rechnungen
Kleinunternehmer-Rechnungen müssen als solche gekennzeichnet sein, da auf ihnen keine Umsatzsteuer ausgewiesen wird. Hierzu genügt ein Hinweis auf die Wirksamkeit von § 19 UStG. Alle Pflichtangaben zur Rechnungsstellung finden Sie im Artikel „Rechnung schreiben als Kleinunternehmer/in“.
Was ist zu tun, wenn die Umsatzgrenzen überschritten werden?
Überschreitet ein Kleinunternehmen die in § 19 UStG festgelegten Umsatzgrenzen, muss dieses ab Januar des Folgejahres zur Regelbesteuerung wechseln. Das bedeutet, dass die Kleinunternehmerregelung aufgehoben ist und das Unternehmen umsatzsteuerpflichtig wird. Damit werden ab Eintritt der Regelbesteuerung folgende Schritte notwendig:
Schriftliche Mitteilung an das Finanzamt
Sobald die Grenze von 22.000 Euro im laufenden Jahr überschritten ist, sollte das zuständige Finanzamt darüber informiert werden. Andernfalls erfährt das Finanzamt erst Mitte des Folgejahres im Rahmen der Steuererklärung von der Grenzüberschreitung. Wird ab Beginn des Folgejahres bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin keine Umsatzsteuer ausgewiesen, müssen die rechtlich angefallenen Steuerbeträge des gesamten Zeitraums rückwirkend an das Finanzamt ausgezahlt werden. Um erhebliche finanzielle Schäden zu vermeiden, ist es für Kleinunternehmer/innen aus diesem Grund unbedingt notwendig, die Umsatzgrenzen im Blick zu behalten.
Ausweisung der Umsatzsteuer
Umsatzsteuerpflichtige Unternehmer/innen müssen auf ihre Waren und Leistungen die entsprechende Umsatzsteuer erheben. Je nach Umsatzsteuersatz beträgt dies 19 % des Nettobetrags bzw. 7 % für ermäßigte Waren und Leistungen.
Beispiel: Ein Kleinunternehmer verkauft seine Leistung für 100 Euro. Nach dem Wechsel zur Regelbesteuerung muss er für dieselbe Leistung 119 Euro in Rechnung stellen (100 Euro Nettobetrag + 19 % Umsatzsteuer = 119 Euro Bruttobetrag).
Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung
Umsatzsteuerpflichtige Unternehmen müssen ihre erwirtschafteten Umsatzsteuerbeträge an das Finanzamt entrichten. Damit die entstandene Steuerschuld nicht gesammelt am Ende des Jahres gezahlt werden muss, sind die Unternehmen zur regelmäßigen Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung verpflichtet. Durch die monatliche oder vierteljährliche Zahlung der Steuer sichert sich das Finanzamt vor Zahlungsausfällen ab und bietet Unternehmen eine bessere finanzielle Planbarkeit.
In den ersten zwei Jahren nach dem Wechsel zur Regelbesteuerung muss die Umsatzsteuervoranmeldung monatlich erfolgen, anschließend richtet sich der Zeitraum an der Umsatzsteuerschuld des Vorjahres.
Hier kommt ein weiterer Vorteil der Regelbesteuerung zur Geltung: In der Umsatzsteuervoranmeldung können sich Unternehmen ihre Vorsteuer, also ihre selbst gezahlte Umsatzsteuer verrechnen lassen. Ist in einem Zeitraum die Umsatzsteuersumme aller Ausgaben höher als die der Einnahmen, kommt es zum Vorsteuerüberhang und das Unternehmen erhält Geld zurück.
Der Inhalt dieses Artikels dient nur zu allgemeinen Informations- und Bildungszwecken und sollte nicht als Rechts- oder Steuerberatung interpretiert werden. Stripe übernimmt keine Gewähr oder Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Angemessenheit oder Aktualität der Informationen in diesem Artikel. Sie sollten den Rat eines in Ihrem steuerlichen Zuständigkeitsbereich zugelassenen kompetenten Rechtsbeistands oder von einer Steuerberatungsstelle einholen und sich hinsichtlich Ihrer speziellen Situation beraten lassen.