Die Sozialversicherungspflicht für GmbH-Geschäftsführer/innen in Deutschland

  1. Einführung
  2. Was ist die Sozialversicherung und eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung?
  3. Welche Kriterien entscheiden über die Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführerinnen und -Geschäftsführern?
    1. Indizien für eine Sozialversicherungspflicht (nicht beherrschende Geschäftsführung)
    2. Indizien für eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht (beherrschende Geschäftsführung)
  4. Wie hoch muss die Kapitalbeteiligung für eine Befreiung von der Sozialversicherung sein?
  5. Welche Folgen hat eine Falschbeurteilung der Sozialversicherungspflicht der Geschäftsführer/innen?
  6. Welche Ausnahmeregelungen gelten bei der Rentenversicherung?

Für Geschäftsführer/innen einer GmbH ist es enorm wichtig, festzustellen, ob sie einer Sozialversicherungspflicht unterliegen oder nicht. Denn wird der Status falsch beurteilt, führt das Unternehmen entweder zu hohe Beiträge ab oder haftet nachträglich für nicht abgeführte Beiträge. Beide Fälle bedeuten finanzielle Einbußen für die GmbH. In diesem Artikel erfahren Sie, was unter Sozialversicherung und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu verstehen ist. Zudem erläutern wir, welche Kriterien über die Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführer/innen entscheiden, welche Ausnahmen es gibt und welche Folgen eine Falschbeurteilung hat.

Worum geht es in diesem Artikel?

  • Was ist die Sozialversicherung und eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung?
  • Welche Kriterien entscheiden über die Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführerinnen und -Geschäftsführern?
  • Wie hoch muss die Kapitalbeteiligung für eine Befreiung von der Sozialversicherung sein?
  • Welche Folgen hat eine Falschbeurteilung der Sozialversicherungspflicht der Geschäftsführer/innen?
  • Welche Ausnahmeregelungen gelten bei der Rentenversicherung?

Was ist die Sozialversicherung und eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung?

Die Sozialversicherung hilft als wichtiger Grundpfeiler der sozialen Absicherung Menschen, wenn sie in Not geraten, krank oder arbeitslos werden, einen Unfall erleiden oder im Alter Pflege brauchen. In Deutschland sind aktuell mehr als 90 Prozent der Menschen in der Sozialversicherung versichtert. Laut der rechtlichen Grundlage, dem Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), besteht die Sozialversicherung aus fünf Kernelementen: der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der Arbeitslosenversicherung sowie der gesetzlichen Unfallversicherung.

Jegliche Form eines Arbeitsverhältnisses, für das Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt werden, wird als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bezeichnet. Ob eine Versicherungspflicht besteht oder nicht, ist von der jeweiligen Erwerbstätigkeit der Arbeitnehmer/innen abhängig. Eine „Beschäftigung” ist im Regelfall sozialversicherungspflichtig – darunter fällt laut § 7 SGB IV jede nichtselbständige Arbeit, vor allem in einem Arbeitsverhältnis. Der Versicherungspflicht unterliegen damit abhängige Beschäftigungs-, Angestellten- und Arbeitnehmerverhältnisse. Hinzu kommen Berufsausbildungen, Studium und Praktika.

Für selbstständige Tätigkeiten besteht im Regelfall keine Sozialversicherungspflicht – es gibt jedoch Ausnahmen, unter anderem für Künstler/innen, Handwerker/innen sowie Landwirte und Landwirtinnen. Die Einordnung, ob eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, ist aufgrund zahlreicher Ausnahmen und Sonderregelungen nicht immer leicht zu treffen und sollte immer im Detail geprüft werden. Um den Erwerbsstatus zweifelsfrei zu bestimmen, können Personen und Unternehmen bei der Clearingstelle des Deutschen Rentenversicherung Bunds nach § 7a SGB IV ein Statusfeststellungsverfahren beantragen (mehr Informationen finden Sie auf der Website des Bundesministerium für Arbeit und Soziales). Für die Entscheidung über den Erwerbsstatus ist im Einzelfall der zuständige Sozialversicherungsträger verantwortlich; für den Streitfall das Sozialgericht.

Ausführliche Informationen zur Beitragshöhe, den betroffenen Beschäftigungen sowie den Regelungen bei kurzfristigen Beschäftigungen, Mini- und Midijobs finden Sie in unserem Beitrag „Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland".

Welche Kriterien entscheiden über die Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführerinnen und -Geschäftsführern?

Neben der Gesellschafterversammlung sind Geschäftsführer/innen das zweite gesetzliche Organ der GmbH. Ohne einen oder mehrere Geschäftsführer/innen ist die GmbH nicht handlungsfähig, da sie die Geschäfte führen und die Gesellschaft nach außen vertreten. Trotz ihres großen Einflusses sind auch Geschäftsführer/innen Angestellte ihres Unternehmens und damit grundsätzlich wie andere Arbeitnehmer/innen sozialversicherungspflichtig.

Ausnahmen von diesem Grundsatz kann es jedoch geben, wenn die Geschäftsführer/innen an der Gesellschaft als Gesellschafter/innen beteiligt sind. Entscheidend ist die Frage, ob die Kapitalbeteiligung einen so entscheidenden Einfluss auf das Unternehmen bedeutet, dass keine Weisungsbefugnis der GmbH gegenüber der Geschäftsführerin beziehungsweise dem Geschäftsführer mehr besteht. Es wird hierbei unterschieden zwischen nicht beherrschenden und beherrschenden GmbH-Geschäftsführer/innen. Bei Ersteren ist die Kapitalbeteiligung gering genug, dass sich der persönliche Einfluss auf die GmbH in Grenzen hält. In diesem Fall besteht eine Sozialversicherungspflicht. Bei Letzteren ist der prozentuale Anteil am Umfang der Kapitalbeteiligung so hoch, dass die Geschäftsführer/innen großen Einfluss auf die GmbH ausüben können. Beherrschende GmbH-Geschäftsführer/innen sind nicht sozialversicherungspflichtig.

Die Bewertung darüber, ob Geschäftsführer/innen als beherrschend oder nicht beherrschend einzustufen sind, richtet sich ausschließlich nach rechtlich relevanten Kriterien und den vertraglichen Verhältnissen – vor allem in Bezug auf die Kapitalbeteiligung. Für eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht ist es beispielsweise nicht ausreichend, dass Geschäftsführer/innen aufgrund enger familiärer Beziehungen oder eines Übermaßes an Fachkenntnissen faktisch allein handeln. Diese sogenannte „Kopf und Seele-Rechtsprechung“ wurde vom Bundessozialgericht 2012 aufgehoben. Ein nicht rechtlich gebundenes Handeln, das theoretisch auch jederzeit wieder geändert werden könnte, dient nicht mehr als Bewertungsgrundlage darüber, ob es sich um beherrschende oder nicht beherrschende GmbH-Geschäftsführer/innen handelt. Neben der Kapitalbeteiligung (siehe unten) können auch die nachfolgend aufgeführten Indizien einen Hinweis darauf geben, ob eine Sozialversicherungspflicht besteht oder nicht.

Indizien für eine Sozialversicherungspflicht (nicht beherrschende Geschäftsführung)

  • Unterordnung unter einen andere Person oder eigene Zuständigkeitsbereiche bei mehreren Geschäftsführenden
  • Einbindung in die von der GmbH vorgegebene Arbeitsorganisation
  • festes Jahresgehalt
  • vereinbarter Jahresurlaub
  • vereinbartes Wettbewerbsverbot
  • vereinbarte Vergütung von Überstunden
  • vereinbarte Entgeltfortzahlung sowie Arbeitgeberzuschüsse im Krankheitsfall
  • Abschluss von Unfall- oder Lebensversicherungen zugunsten der Geschäftsführung
  • Selbstkontrahierungsverbot

Indizien für eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht (beherrschende Geschäftsführung)

  • Recht zur unmittelbaren und alleinigen Vertretung der Gesellschaft
  • Einfluss auf die Betriebsorganisation und die Unternehmenspolitik
  • freie Einteilung der Tätigkeit bezüglich Ort, Zeit, Dauer und Umfang
  • Erfolgsabhängiges Gehalt
  • Übernahme einer Bürgschaft
  • Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte
  • familiäre Rücksichtnahme beziehungsweise eine Nichtausübung von Weisungsrechten, die im Gesellschaftsvertrag festgelegt ist
  • Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot

Wie hoch muss die Kapitalbeteiligung für eine Befreiung von der Sozialversicherung sein?

Ob eine Gesellschaftsbeteiligung der Geschäftsführer/innen zur Befreiung von der Sozialversicherungspflicht führt, hängt in erster Linie vom Umfang der Beteiligung ab. In der folgenden Tabelle finden Sie die wichtigsten Richtwerte:

Umfang des Stammkapitals
Fallen Sozialversicherungsbeiträge an?

100 %
Der Managing Director hält 100 % der Anteile am haftungsbeschränkten Unternehmen und ist somit der alleinige Shareholder Managing Director.

Nein.
100 % Stammkapital begründen keine abhängige Beschäftigung. Es besteht daher keine Beitragspflicht zur Sozialversicherung. Eine Ausnahme bildet ein alleiniger Shareholder Managing Director, der als Treuhänder Anteile am haftungsbeschränkten Unternehmen hält und aufgrund des Treuhandverhältnisses in der Ausübung seiner Gesellschafterrechte stark eingeschränkt ist. In diesem besonderen Fall liegt eine abhängige Beschäftigung vor.

Über 50 %
Der Managing Director hält über 50 % der Anteile am haftungsbeschränkten Unternehmen und ist somit ein Majority Shareholder Managing Director.

Nein.
Ein Stammkapital von 50 % begründet keine abhängige Beschäftigung. Es besteht daher keine Beitragspflicht zur Sozialversicherung. Mögliche Ausnahme: siehe 100 % oben.

50 %
Der Managing Director hält 50 % der Anteile am haftungsbeschränkten Unternehmen und ist somit ein Shareholder Managing Director.

Nein.
Ein Stammkapital von 50 % begründet keine abhängige Beschäftigung. Es besteht daher keine Beitragspflicht zur Sozialversicherung. In diesem Fall gilt das Unternehmen mit beschränkter Haftung rechtlich nicht als Arbeitgeber im Sinne der Sozialversicherung. Mögliche Ausnahme: siehe 100 % oben.

Weniger als 50 % ohne Sperrminorität
Der Managing Director ist mit weniger als 50 % am haftungsbeschränkten Unternehmen beteiligt und verfügt über eine Sperrminorität.

Nein.
Auch wenn die Beteiligung unter 50 % liegt, sorgt die Sperrminorität dafür, dass es sich nicht um ein sozialversicherungspflichtiges, abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt. Sollte jedoch der Umfang der Sperrminorität nicht die gesamte Unternehmenspolitik umfassen oder lässt sie eine Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht zu, kann trotzdem eine abhängige Beschäftigung vorliegen. Entscheidend ist, ob die Managing Directors einen spürbaren Einfluss auf das Unternehmen ausüben und ob sie nachteilige Entscheidungen persönlich blockieren können.

Weniger als 50 % ohne Sperrminorität
Der Managing Director ist mit weniger als 50 % am haftungsbeschränkten Unternehmen beteiligt und verfügt nicht über eine Sperrminorität. Darüber hinaus hat er keine anderen Möglichkeiten, de facto Einfluss auf die Unternehmenspolitik zu nehmen.

Ja.
Ohne Sperrminorität sind Managing Directors mit einem Anteil am Stammkapital von weniger als 50 % abhängig Beschäftigte. Folglich unterliegen sie der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.

Nicht beteiligt
Der Managing Director ist nicht am haftungsbeschränkten Unternehmen beteiligt und ist daher ein externer Managing Director.

Ja.
Managing Directors ohne Stammkapital sind abhängig Beschäftigte. Sie unterliegen der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.

Welche Folgen hat eine Falschbeurteilung der Sozialversicherungspflicht der Geschäftsführer/innen?

Es gibt zwei mögliche Szenarien bezüglich einer Falschbeurteilung der Sozialversicherungspflicht bei Geschäftsführerinnen beziehungsweise Geschäftsführern: Es kann erstens der Fall sein, dass die GmbH irrtümlich keine Sozialversicherungsbeiträge für die Geschäftsführer/innen einzieht und abführt, obwohl diese sozialversicherungspflichtig sind. In diesem Fall haftet die GmbH als Arbeitgeberin für die nicht abgeführten Beiträge – und das kann teuer werden. Zweitens kann es sein, dass Beiträge zur Sozialversicherung für die Geschäftsführer/innen abgeführt werden, obwohl dies nicht nötig wäre. In diesem Fall hat die GmbH einen finanziellen Schaden, weil sie Geld abführt, das ihr zusteht. Die Sozialversicherungsträger/innen können die fälschlich abgeführten Beiträge im Rahmen einer Verjährungsfrist jedoch zurückerstatten.

Welche Ausnahmeregelungen gelten bei der Rentenversicherung?

Auch wenn Geschäftsführer/innen die relevanten Kriterien für eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht erfüllen, kann in Sonderfällen eine Rentenversicherungspflicht gelten. Betroffen sind „arbeitnehmerähnliche” Selbstständige, die regelmäßig keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmenden beschäftigen oder auf Dauer und im Wesentlichen nur für eine Auftraggeberin beziehungsweise einen Auftraggeber tätig sind (siehe § 2 Nr. 9 SGB VI). Wesentlich ist eine Tätigkeit, wenn 5/6 des jährlichen Umsatzes über sie generiert wird. Davon ausgenommen können einzelne Projekte sein – bei diesen wird der Bezugszeitraum der wesentlichen Tätigkeit auf drei Jahre erhöht.

Die Pflicht zur Rentenversicherung soll Unternehmer/innen schützen, die vom Gesetzgeber als besonders schutzbedürftig angesehen werden. Es ist jedoch möglich, eine Befreiung von bis zu drei Jahren zu beantragen. Diese Sonderregelung kann sowohl von Existenzgründenden als auch von selbstständigen Personen in Anspruch genommen werden, die nach Vollendung des 58. Lebensjahres erstmalig versicherungspflichtig wären.

Um die zahlreichen Ausnahmen und Sonderregelungen rund um die Sozialversicherung zu kennen und auch bei Aktualisierungen auf dem neuesten Wissensstand zu sein, sollten Unternehmen sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. Ausführliche Informationen zu vielen Finanzfragen für Unternehmen finden Sie im Stripe Ressourcen-Portal. Hier werden beispielsweise auch Themen erläutert wie die Gründung einer Gesellschaft. Wir unterstützen und beraten Sie gerne rund um die Finanzen und Zahlungsabwicklung Ihres Unternehmens – melden Sie sich einfach bei unserem Sales-Team!

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