Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks gibt es in Deutschland aktuell mehr als eine Million Handwerksbetriebe mit circa 5,6 Millionen Beschäftigten. Wer als Handwerker/in nicht angestellt sein möchte, sondern ein eigenes Unternehmen gründen will, kann den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche persönlichen, fachlichen und rechtlichen Voraussetzungen Handwerker/innen für die Selbstständigkeit erfüllen sollten und in welchen Fällen ein Meisterbrief Pflicht ist. Zudem erklären wir Schritt für Schritt, wie Sie Ihren eigenen Handwerksbetrieb gründen, mit welchen Kosten Sie rechnen müssen und was Sie als selbstständige Handwerkerin beziehungsweise selbstständiger Handwerker verdienen können.
Worum geht es in diesem Artikel?
- Welche Voraussetzungen sollten Handwerker/innen für die Selbstständigkeit erfüllen?
- In welchen Fällen benötigen selbstständige Handwerker/innen einen Meisterbrief?
- Wie gründet man einen Handwerksbetrieb?
- Was kostet es, sich als Handwerker/in selbstständig zu machen?
Welche Voraussetzungen sollten Handwerker/innen für die Selbstständigkeit erfüllen?
Um sich als Handwerker/in selbstständig zu machen, sollten verschiedene fachliche und rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein:
Fachliche Voraussetzungen
Berufserfahrung bildet die Grundlage für fachliche Kompetenz und das Vertrauen der Kundinnen und Kunden. Denn sie kann als Nachweis dafür verstanden werden, dass Handwerker/innen in der Praxis erprobte Fähigkeiten besitzen. Durch eine mehrjährige Ausübung des Handwerks wird nicht nur das handwerkliche Können perfektioniert, sondern auch ein tiefes Verständnis für die Abläufe und Herausforderungen des Berufs entwickelt. Zudem hilft die Erfahrung dabei, Probleme effizient zu lösen, Aufträge präzise zu kalkulieren und den Betrieb wirtschaftlich erfolgreich zu führen.
Darüber hinaus sind in der Selbstständigkeit kaufmännische Kenntnisse vonnöten. Selbstständige Handwerker/innen müssen Kosten kalkulieren, Angebote und Rechnungen erstellen, Budgets verwalten, Steuern abführen und ihre Buchhaltung organisieren. Zudem helfen kaufmännische Fähigkeiten dabei, Preise wettbewerbsfähig zu gestalten, den Überblick über Einnahmen und Ausgaben zu behalten und langfristig Gewinne zu sichern. Ohne diese Kenntnisse können selbst handwerklich begabte Unternehmer/innen Schwierigkeiten haben, ihren Betrieb wirtschaftlich auf Kurs zu halten.
Rechtliche Voraussetzungen
Für eine erfolgreiche Selbstständigkeit im Handwerk ist eine solide handwerkliche Ausbildung die Grundlage. In fast allen Handwerksberufen ist eine abgeschlossene Berufsausbildung unabdingbar, um die nötigen praktischen und theoretischen Fähigkeiten zu erlernen. In einigen Berufen reicht diese Ausbildung jedoch nicht aus, um sich selbstständig zu machen – hier ist zusätzlich ein Meisterbrief erforderlich.
Selbstständige Handwerker/innen müssen zudem einige juristische Anforderungen erfüllen, um ihren Betrieb rechtskonform zu führen. Hierzu zählen die korrekte Anmeldung bei Behörden wie dem Gewerbeamt, dem Finanzamt und der Berufsgenossenschaft sowie die Einhaltung des Vertrags- oder Arbeitsrechts. Insbesondere die Vorschriften zum Arbeitsschutz müssen konsequent eingehalten werden, um die Sicherheit der eigenen Person sowie der Mitarbeitenden zu gewährleisten. Zudem unterliegen Handwerker/innen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoBD).
Um den rechtlichen Anforderungen zu entsprechen und den Betrieb finanziell abzusichern, sollten sich Handwerker/innen auch mit dem Thema Versicherungen auseinandersetzen. Eine Betriebshaftpflichtversicherung ist beispielsweise unverzichtbar, um sich bei Schadenersatzforderungen zu schützen. Rechtsschutz- und Berufsunfähigkeitsversicherungen sollten ebenfalls in Erwägung gezogen werden.
In welchen Fällen benötigen selbstständige Handwerker/innen einen Meisterbrief?
Dem Handwerk in Deutschland werden mehr als 130 Berufe zugeordnet, die sich in sieben Bereiche unterteilen lassen:
- Bau und Ausbau
- Bekleidungs-, Textil- und Lederhandwerk
- Gesundheits- und Körperpflegehandwerk sowie chemisches und Reinigungsgewerbe
- grafisch-gestaltendes Handwerk
- Holz und Kunststoff
- Lebensmittelhandwerk
- Metall und Elektro
Die verschiedenen Tätigkeiten werden in der deutschen Handwerksordnung in zulassungspflichtige und zulassungsfreie Handwerke unterteilt. Erstere setzen für die Gründung eines Handwerksbetriebs einen von der Handwerkskammer verliehenen Meistertitel voraus. Dieser baut auf einer abgeschlossenen Berufsausbildung auf und ist als Aufstiegsfortbildung ein zusätzlicher Abschluss in handwerklichen, künstlerischen, technisch-gewerblichen und landwirtschaftlichen Berufen. Wer keinen Meistertitel hat und sich dennoch mit einem zulassungspflichtigen Handwerk selbstständig machen möchte, kann entweder einen Meister in Vollzeit in leitender Position einstellen oder die sogenannte Altgesellen-Regelung in Anspruch nehmen. Hierfür muss der Nachweis erbracht werden, dass die Gründer/innen mindestens sechs Jahre Berufserfahrung als Gesellen haben, davon mindestens vier in leitender Position.
Zulassungspflichtige Handwerke erfordern vor allem deshalb eine erfolgreich abgelegte Meisterprüfung, weil sie besondere Qualitätsstandards und Sicherheitsanforderungen erfüllen müssen. Dies gilt beispielsweise für Elektriker/innen, Dachdecker/innen oder Installateurinnen und Installateure. Welche Handwerke zulassungspflichtig sind, kann der Anlage A der Handwerksordnung entnommen werden. In Anlage B der Handwerksordnung sind sämtliche zulassungsfreien Handwerke aufgelistet – darunter Uhrmacher/innen, Schuhmacher/innen oder Fotografinnen und Fotografen.
Wie gründet man einen Handwerksbetrieb?
Wer sich im Handwerk selbstständig machen möchte, sollte strukturiert vorgehen, um alle rechtlichen und organisatorischen Anforderungen zu erfüllen. Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Schritte zur Gründung eines Handwerksbetriebs:
Schritt 1: Geschäftsidee entwickeln
Zunächst sollten Sie klar definieren, welche Produkte und Dienstleistungen Sie welchen Zielgruppen anbieten möchten. Basis ist Ihr erlerntes und ausgeübtes Handwerk. Prüfen Sie in diesem Zuge auch, ob es sich bei Ihrem Handwerk um eine zulassungspflichtige oder zulassungsfreie Tätigkeit handelt. Es ist wichtig, dass Sie die beruflichen Qualifikationen mitbringen, die für die Selbstständigkeit in Ihrem konkreten Handwerk benötigen. Ziel einer ausformulierten Geschäftsidee sollte eine klare Positionierung sein, die bestenfalls Alleinstellungsmerkmale aufweist.
Schritt 2: Marktanalyse durchführen
Im zweiten Schritt sollten Sie den bestehenden Markt analysieren. Gibt es eine Nachfrage für Ihr Angebot? Wie groß ist der Markt für Ihr Handwerk und welche Potenziale bietet er? In welchem geografischen Gebiet soll Ihr Betrieb tätig sein? Welche Kundinnen und Kunden könnten sie akquirieren und mit welchen Wettbewerberinnen und Wettbewerbern müssen Sie rechnen? Zudem sollten Sie die Angebote, Preise und Marktanteile Ihrer Konkurrenz genau kennen. Gleiches gilt für mögliche Markteintrittsbarrieren sowie generelle und regionale Trends, die Ihre Tätigkeit beeinflussen. Je detaillierter Ihre Analyse ist, desto besser sind Sie auf Ihre Selbstständigkeit vorbereitet.
Schritt 3: Standort auswählen
Eng verknüpft mit der Marktanalyse ist die Auswahl des richtigen Standorts für Ihren Betrieb. Dieser sollte für Lieferantinnen und Lieferanten sowie potenzielle Mitarbeitende gut erreichbar sein. Zudem sollten Sie kurze Wege zu Ihren Kundinnen und Kunden haben. Dabei ist entscheidend, welches Handwerk Sie ausüben: Eine Bäckerei mit Ladengeschäft profitiert beispielsweise von einer belebten Umgebung. Ein Dachdeckerbetrieb kann hingegen auch weniger zentral gelegen sein, da die eigentliche Arbeit vor Ort bei den Kundinnen und Kunden stattfindet. Entscheidend ist, dass der Standort alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt und sich für den Betriebsablauf eignet.
Schritt 4: Businessplan erstellen
Die Schritte eins bis drei bilden die Grundlage für einen weiteren wichtigen Schritt im Gründungsprozess: die Erstellung eines Businessplans. Die Ergebnisse Ihrer Recherchen und Entscheidungen fließen in den Businessplan ein. Er sollte die Geschäftsidee, die Marktanalyse, die Zielgruppen, das geplante Marketing, die Finanzierung und die Kostenkalkulation umfassen.
Ein Businessplan ist essenziell, um Ihr Vorhaben zu strukturieren, die Finanzierung zu planen und mögliche Investorinnen und Investoren von Ihrer Geschäftsidee zu überzeugen.
Schritt 5: Betriebsausstattung anschaffen
Ein weiterer wichtiger Schritt bei der Gründung eines Handwerksbetriebs ist die Anschaffung der Betriebsausstattung. Je nach Handwerk sind spezifische Werkzeuge, Maschinen und Materialien notwendig. Hinzu kommen unter Umständen auch die Anschaffung von Fahrzeugen für den Transport von Mitarbeitenden und Material. Dabei sollten Sie zwingend sämtliche Sicherheitsstandards und gesetzliche Vorgaben berücksichtigen, etwa bei der Lagerung von Gefahrstoffen oder der Einrichtung von Maschinen.
Zur Betriebsausstattung gehören darüber hinaus auch Hard- und Software für die Abwicklung administrativer Vorgänge. Dazu zählen Buchhaltungsprogramme, Zeiterfassungs- und Abrechnungssoftware sowie digitale Tools zur Kundenverwaltung und Auftragsabwicklung. Wenn Sie Zahlungen Ihrer Kundinnen und Kunden direkt vor Ort entgegennehmen möchten, informieren Sie sich über Stripe Terminal. Mit Terminal können Sie Präsenzzahlungen ermöglichen – beispielsweise mit vorzertifizierten Kartenlesegeräten wie dem Stripe Reader S700 oder mobilen Geräten wie dem BBPOS WisePad 3. Bargeldlose Zahlungen ohne ein zusätzliches Gerät sind mit Tap to Pay möglich.
Schritt 6: Handwerksbetrieb anmelden
In Abhängigkeit von der gewählten Rechtsform Ihres Handwerksbetriebs unterscheiden sich die formalen Anforderungen. Die meisten Handwerker/innen, die den Weg in die Selbstständigkeit gehen, müssen sich jedoch bei der Handwerkskammer, dem Gewerbeamt und dem Finanzamt anmelden. In vielen Fällen ist auch ein Eintrag ins Handelsregister sowie die Mitgliedschaft bei der zuständigen Berufsgenossenschaft notwendig. Wer Mitarbeitende beschäftigt, muss diese bei den Sozialversicherungsträgern melden.
Schritt 7: Versicherungen abschließen
Bevor Sie den Betrieb aufnehmen, sollten Sie alle notwendigen Versicherungen abschließen – allen voran eine Betriebshaftpflichtversicherung.
Schritt 8: Buchhaltung organisieren
Eine ordnungsgemäße Buchführung ist gesetzlich vorgeschrieben und hilft Ihnen dabei, den Überblick über Ihre Einnahmen, Ausgaben und Steuern zu behalten. Im Einzelfall kann es sinnvoll sein, sich Unterstützung von Steuerberaterinnen beziehungsweise Steuerberatern zu suchen. Einzelne Vorgänge können Sie über Stripe vereinfachen. So können Sie mit Stripe Invoicing die Erstellung und den Versand Ihrer Rechnungen automatisieren. Damit sparen Sie viel Zeit für administrative Vorgänge und vermeiden Fehler in der Rechnungsstellung. Sie müssen zudem ein Geschäftskonto einrichten, um private und betriebliche Geldflüsse klar voneinander zu trennen.
Schritt 9: Marketing- und Akquiseaktivitäten beginnen
Ihr Marketingkonzept ist bestenfalls bereits Teil des Businessplans. Hierzu gehören eine professionelle Website, Flyer, der Eintrag in relevante Branchenverzeichnisse sowie eventuell eine Präsenz auf ausgewählten Social Media-Plattformen. Um Kundinnen und Kunden zu gewinnen, gilt es, rechtzeitig die entsprechenden Marketing- und Akquiseaktivitäten zu starten.
Schritt 10: Betrieb starten
Sobald alle rechtlichen und organisatorischen Aspekte erledigt sind, kann Ihr Betrieb die ersten Aufträge annehmen.
Was kostet es, sich als Handwerker/in selbstständig zu machen?
Die Gesamtkosten, um sich im Handwerk selbstständig zu machen, variieren stark – in Abhängigkeit der Art des Handwerks, der Unternehmensgröße und der individuellen Bedürfnisse. Es muss jedoch mindestens mit dreistelligen Beträgen gerechnet werden; nach oben gibt es keine Grenze. Nachfolgend finden Sie einige der wichtigsten Kostenpunkte:
- Ausbildungskosten, unter anderem für den Erhalt eines Meisterbriefs
- Anmeldung bei Behörden wie dem Gewerbeamt
- Betriebsausstattung zum Beispiel für Werkzeuge und Maschinen, Fahrzeuge und IT
- Miete und Nebenkosten für Betriebsräume
- Versicherungen
- Steuerberatung
- Marketing und Werbung
- Laufende Betriebskosten für Personal, Materialien und Werkstoffe
Was verdienen selbstständige Handwerker/innen?
Das Einkommen selbstständiger Handwerker/innen variiert ebenso stark wie die möglichen Kosten. Es ist vor allem abhängig von der Art des Handwerks, der Region, der Auftragslage, den Betriebskosten sowie der Anzahl der Mitarbeitenden. Im Durchschnitt wird eine Arbeitsstunde im Handwerk mit 50 bis 80 € netto entlohnt. Wenn Sie diesen Betrag mit den zu erwartenden Arbeitsstunden multiplizieren, können Sie den ungefähren Monatsverdienst ermitteln. Dabei sollten Sie allerdings beachten, dass Sie auch Arbeitszeit für administrative Aufgaben einplanen müssen. Schließlich müssen Sie noch Ihre Kosten abziehen.
Der Inhalt dieses Artikels dient nur zu allgemeinen Informations- und Bildungszwecken und sollte nicht als Rechts- oder Steuerberatung interpretiert werden. Stripe übernimmt keine Gewähr oder Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Angemessenheit oder Aktualität der Informationen in diesem Artikel. Sie sollten den Rat eines in Ihrem steuerlichen Zuständigkeitsbereich zugelassenen kompetenten Rechtsbeistands oder von einer Steuerberatungsstelle einholen und sich hinsichtlich Ihrer speziellen Situation beraten lassen.