Im Jahr 2023 erreichten die polizeilich erfassten Geldwäschedelikte in Deutschland einen neuen Höchststand: Laut Statista stieg die Zahl von 8.942 Fällen im Jahr 2020 auf 32.573 Fälle. Weltweit schätzt man das Volumen der Geldwäsche auf bis zu 2 Billionen US-Dollar – eine Herausforderung für Gesetzgeber und Unternehmen.
Die 6. EU-Geldwäscherichtlinie (6AMLD) bringt neue Herausforderungen und Chancen im Kampf gegen Geldwäsche. Dieser Artikel erklärt, was Unternehmen wissen und umsetzen müssen.
Worum geht es in diesem Artikel?
- Was ist die 6. EU-Geldwäscherichtlinie?
- Was ist das Ziel der Richtlinie?
- Für wen gilt die neue Geldwäscherichtlinie?
- Ein historischer Rückblick
- Was hat sich durch 6AMLD geändert?
- Das sollten Unternehmen beachten
Was ist die 6. EU-Geldwäscherichtlinie?
Die 6. EU-Geldwäscherichtlinie – auch 6AMLD (Abk. für: Sixth Anti-Money Laundering Directive) genannt – wurde am 19.06.2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und muss bis zum 10.07.2027 von den EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Ziel ist die effektive Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Im Wesentlichen baut sie auf den vorherigen Geldwäscherichtlinien auf, erweitert deren Vorgaben und setzt noch schärfere Maßnahmen gegen kriminelle Aktivitäten.
Was ist das Ziel der Richtlinie?
Das Hauptziel der 6. EU-Geldwäscherichtlinie ist es, kriminelle Aktivitäten noch effektiver aufzudecken, bestehende Schlupflöcher aus der Vorgängerversion 5AMLD zu schließen und die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen Geldwäsche zu stärken. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Verbesserung der Organisation nationaler Systeme zur Geldwäschebekämpfung sowie der effizienteren Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen (FIU) und den Aufsichtsbehörden. Unternehmen und Institutionen sind gefordert, ihre internen Kontroll- und Compliance-Systeme an die neuen Anforderungen anzupassen, um diesen gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden.
Das Identifizieren von Geldwäscheplänen soll künftig effizienter und schneller erfolgen, sodass Vermögenswerte eingefroren und damit geschützt werden können. Zu diesem Zweck sollten sowohl die FIUs als auch die zuständigen Behörden Zugriff auf Daten über wirtschaftlich Berechtigte (Beneficial Owner) erhalten. Diese Informationen werden von sogenannten Verpflichteten wie Banken, Vermögens- und Krypto-Vermögensverwaltern oder Immobilien- und virtuellen Immobilienmaklern bereitgestellt. Zudem werden auch Angaben über wirtschaftlich Berechtigte bestimmter ausländischer juristischer Personen in den Registern der wirtschaftlichen Eigentümer (BO-Register) erfasst. Für den Immobiliensektor gilt diese Regelung rückwirkend für einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren.
Überwachung zur Einhaltung von 6AMLD
Die Europäische Zentralbank (EZB) arbeitet eng mit den nationalen Aufsichtsbehörden zusammen, um die Einhaltung der EU-Richtlinien und deren Umsetzung in nationales Recht sicherzustellen. Dabei agiert die EZB als Koordinator und Informationsvermittler für grenzüberschreitende Maßnahmen gegen Geldwäsche.
Bei Verstößen gegen 6AMLD verfügt die EZB über keine Handlungsbefugnis. Sie kann allerdings nationale Aufsichtsbehörden zur Einleitung von Sanktionsverfahren auffordern. Zu den verantwortlichen Behörden zählen in erster Linie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Zentrale Stelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU), an die Verdachtsfälle hinsichtlich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu melden sind. Da die AMLD6 auch Nichtfinanzsektoren wie Immobilienmakler betrifft, sind zusätzlich Landesbehörden an der Überwachung beteiligt.
Für wen gilt die neue Geldwäscherichtlinie?
Die 6. Europäische Geldwäscherichtlinie betrifft eine deutlich größere Anzahl an Unternehmen und Institutionen als ihre Vorgänger. Das gilt unter anderem für folgende Akteure:
Finanzinstitute: Banken, Versicherungen und andere Finanzdienstleister sind künftig zur Einhaltung noch strengerer Sorgfaltspflichten verpflichtet. Zudem müssen sie verdächtige Transaktionen umgehend melden.
Anbieterinnen und Anbieter im Krypto-Bereich: Essenziell für den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist die Einschränkung der Anonymität von Transaktionen am Kryptomarkt. Um das zu erreichen, müssen sich Dienstleisterinnen und Dienstleister auf diesem Markt an neue Regelungen halten.
Unternehmen: In Bezug auf Eigentumsverhältnisse und wirtschaftlich berechtigte Personen darf keine Verschleierung stattfinden. Entsprechende Daten und Vorgänge müssen transparent offengelegt werden.
Immobilienagenturen: Auch Immobilienmaklerinnen und Immobilienmakler sind dazu verpflichtet, verdächtige Aktivitäten ihrer Kundschaft zu melden.
Rechtsanwaltskanzleien bzw. Notare: Bei finanziellen Transaktionen haben Rechtsanwaltskanzleien sowie Notarinnen und Notare die Verpflichtung, Verdachtsfälle zu melden.
Händlerinnen und Händler von Luxusgütern: Anbieterinnen und Anbieter von Luxusgütern wie Edelmetallen, Uhren, Gold, Luxusautos oder Flugzeugen müssen künftig strengere Sorgfaltspflichten gegenüber ihren Kundinnen und Kunden anwenden.
Akteure der Fußballbranche: Die Fußballbranche weist ein hohes Risiko für Geldwäsche auf. Deshalb sind Profivereine und Agentinnen bzw. Agenten ebenfalls von den Maßnahmen betroffen. Da das Geldwäscherisiko in diesem Bereich nicht in jedem Land gleich zu bewerten ist, können Mitgliedstaaten die Akteure der Fußballbranche auch von den Regelungen ausnehmen.
Ein historischer Rückblick
Mit der Einführung der 6. EU-Geldwäscherichtlinie führt die EU noch strengere Regularien im Kampf gegen die Finanzkriminalität und für ein stärkeres europäisches Finanzsystem ein. In der Vergangenheit lag der Fokus bei neuen Geldwäscherichtlinien immer auf sehr spezifischen Themen, wie im zeitlichen Verlauf deutlich erkennbar wird.
Die europäischen Geldwäscherichtlinien im zeitlichen Verlauf
Der folgenden Übersicht können Sie den jeweiligen Fokus jeder Überarbeitung entnehmen:
- Version 1 (1991): Kampf gegen den Drogenhandel
- Version 2 (2001): Hinzufügen von Banken, Finanzdienstleistern und Organisationen abseits des Finanzsektors
- Version 3 (2005): Terrorismusbekämpfung und noch strengere Sorgfaltspflichten
- Version 4 (2015): Maßnahmen gegen hohe Bargeldzahlungen, als Mittel gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung
- Version 5 (2018): Kryptomarkt als zentrales Thema
Was hat sich durch 6AMLD geändert?
Hier sind einige der wichtigsten Neuerungen, die mit der 6. EU-Geldwäscherichtlinie in Kraft treten:
Präzisere Definition des Vortatbestandes: Die 6AMLD präzisiert die gesetzliche Grundlage für Vortaten zur Geldwäsche und schafft dadurch eine einheitliche Regelung in der EU. Insgesamt umfasst der Katalog nun 22 spezifische Straftaten, die als Vortaten gelten. Neu hinzugekommen sind Bereiche wie Cyberkriminalität und Umweltvergehen.
Aufnahme weiterer Vortaten: Ebenso wurden Beihilfe und Anstiftung explizit hinzugefügt, um jegliche Beteiligung an Aktivitäten der Geldwäsche strafbar zu machen. Zu den relevanten Straftaten gehören unter anderem Steuervergehen, Straftaten im Bereich der Cyberkriminalität, Verstöße gegen Umweltgesetze, Menschenhandel, Bestechung und Korruption.
Schärfere Konsequenzen: Bei Vergehen gegen 6AMLD sind harte Sanktionen vorgesehen – Geldstrafen, Schließung des Betriebs oder Haftstrafen bis zu vier Jahren sind möglich. Zudem können nach der Verurteilung keine öffentlichen Zuwendungen oder Beihilfen mehr bezogen werden. Darüber hinaus hat jeder Mitgliedstaat die Möglichkeit, noch weitere Sanktionen durchzuführen.
Erweiterter Geltungsbereich: Im Gegensatz zur 5AMLD sind nun auch juristische Personen von den Regelungen der Geldwäscherichtlinie betroffen. Dazu gehören Unternehmen und Organisationen, die bestimmte Finanztransaktionen durchführen oder Dienstleistungen anbieten, die möglicherweise zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht werden könnten. Dadurch sollen Schwachstellen in den bestehenden Regelungen geschlossen und ein einheitlicher Schutzrahmen für den europäischen Finanzmarkt geschaffen werden.
Fokus auf internationale Zusammenarbeit: Neue Maßnahmen sollen den Informationsaustausch zwischen den EU-Mitgliedstaaten erleichtern. So wird zum Beispiel ein zentrales Register für Bankkonten und Schließfächer eingeführt, auf das Behörden zugreifen können.
Verstärkte Sorgfaltspflichten: Für politisch exponierte Personen sowie für Länder mit hohem Risiko für Geldwäsche gelten besonders strenge Sicherheitsvorschriften. Finanzinstitute sind verpflichtet, erweiterte Kontrollen durchzuführen, um die Herkunft der Gelder und die Identität der beteiligten Personen genauer zu überprüfen. Dazu gehört häufig eine kontinuierliche Überwachung der Transaktionen, um verdächtige Aktivitäten frühzeitig zu erkennen. Darüber hinaus müssen Unternehmen sicherstellen, dass keine Geschäftsbeziehungen zu Personen oder Institutionen auf internationalen Sanktionslisten stehen.
Einheitliche Transaktionsaufzeichnungen: Bislang haben unterschiedliche Formen der Transaktionsaufzeichnung die Arbeit der Behörden bei Finanzermittlungen erschwert. Ein einheitliches Format sollte in Zukunft eine deutlich einfachere Verarbeitung und Analyse dieser Daten gewährleisten.
Das sollten Unternehmen beachten
Sowohl die Sorgfaltspflichten als auch die potenziellen Strafen bei Missachtung der Richtlinien werden durch 6AMLD verschärft. Umso wichtiger wird es jetzt für Unternehmen, interne Prozesse und Vorgaben anzupassen und die Compliance-Strukturen sowie das interne Betrugsrisikomanagement auf den neuesten Stand zu bringen.
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So erfüllen Sie die Anforderungen der 6. EU-Geldwäscherichtlinie
Unternehmen sollten unter anderem die folgenden Punkte beachten:
Erweiterte Sorgfaltspflichten: Unternehmen müssen ihre internen Kontroll- und Compliance-Systeme anpassen, um eine verstärkte Überwachung von Transaktionen und Risikomanagement sicherzustellen. Dies umfasst unter anderem eine genauere Überprüfung von Kundschaft und deren wirtschaftlichen Eigentümern.
Verstärkte Due-Diligence-Maßnahmen: Zur Erfüllung der Anforderungen von 6AMLD sollten die Due-Diligence-Verfahren in Unternehmen weiter optimiert werden. Dies erfordert eine umfassende und regelmäßige Überprüfung von Neu- und Bestandskundschaft. Dadurch soll sichergestellt werden, dass keine illegalen Geldströme in den Wirtschaftskreislauf gelangen.
Regelmäßige Prüfungen: Eine Prüfung umfasst die Identifizierung des Vertragspartners, die Überprüfung von Vertretungsorganen sowie der Eigentums- und Kontrollstruktur. Ein zentraler Bestandteil ist die Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten, sowie die Überprüfung des PEP-Status (Politisch Exponierte Personen) und der Abgleich mit Sanktionslisten. Diese Maßnahmen sind Teil der sogenannten Know Your Customer (KYC)-Prüfung und sind entscheidend, um Risikofaktoren frühzeitig zu identifizieren und gegebenenfalls weiterführende Maßnahmen zur Geldwäscheprävention einzuleiten.
Erweiterter Anwendungsbereich: Da 6AMLD auch juristische Personen betrifft, müssen Unternehmen ihre internen Prozesse anpassen, um auch bei diesen alle Maßnahmen der Geldwäscheprävention korrekt umzusetzen.
Transparente Offenlegung der wirtschaftlichen Eigentümer: Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie Zugang zu Informationen über die tatsächlichen wirtschaftlichen Eigentümer ihrer Kundschaft haben. Dies umfasst auch die Verpflichtung, solche Daten in entsprechenden Registern zu führen. Insbesondere bei ausländischen juristischen Personen werden entsprechende Informationen in den BO-Registern geführt, um eine vollständige Transparenz zu gewährleisten.
Verstärkte Transaktionsüberwachung: Unternehmen müssen die Überwachung und Analyse von Transaktionen auf verdächtige Muster ausweiten. Dies schließt den Abgleich mit Sanktionslisten und die Überprüfung von Transaktionen in Echtzeit ein, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung frühzeitig zu erkennen.
Nutzung moderner Technologien: Der Einsatz von Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI) und Maschinellem Lernen ist entscheidend, um die steigenden Anforderungen zu erfüllen. Automatisierte Identitätsprüfungen, die Nutzung von Multi-Faktor-Authentifizierung und die Überwachung von Transaktionen durch digitale Tools können nicht nur die Genauigkeit erhöhen, sondern auch die manuelle Arbeit reduzieren.
Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden: Unternehmen müssen kooperativ mit den zuständigen Aufsichtsbehörden und der FIU zusammenarbeiten, um Informationen auszutauschen und mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen.
Rechtzeitige Anpassung interner Prozesse: Unternehmen müssen ihre internen Richtlinien und Prozesse regelmäßig überprüfen und an die neuen gesetzlichen Anforderungen anpassen. Dies gilt insbesondere für die Dokumentation und Archivierung von Transaktionen sowie für die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen im Einklang mit den neuen Regeln.
Schulung und Sensibilisierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Es ist entscheidend, dass alle relevanten Mitarbeiter/innen regelmäßig geschult werden, um die neuen Anforderungen zu verstehen und korrekt umzusetzen. Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre Compliance-Abteilungen auf dem neuesten Stand sind und die Mitarbeiter/innen in der Erkennung und Meldung verdächtiger Aktivitäten geschult sind. Zudem sollte das Unternehmen jegliche durch den Staat zur Verfügung gestellten Schulungen in Anspruch nehmen, um auf dem neuesten Stand in Bezug auf neue Regelungen zu bleiben.
Verstärkte Dokumentationspflichten: Unternehmen müssen umfassende Aufzeichnungen über alle Due-Diligence-Maßnahmen, Transaktionen und getroffenen Entscheidungen führen. Dies wird nicht nur für interne Audits, sondern auch für Prüfungen durch Aufsichtsbehörden erforderlich sein.
Der Inhalt dieses Artikels dient nur zu allgemeinen Informations- und Bildungszwecken und sollte nicht als Rechts- oder Steuerberatung interpretiert werden. Stripe übernimmt keine Gewähr oder Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Angemessenheit oder Aktualität der Informationen in diesem Artikel. Sie sollten den Rat eines in Ihrem steuerlichen Zuständigkeitsbereich zugelassenen kompetenten Rechtsbeistands oder von einer Steuerberatungsstelle einholen und sich hinsichtlich Ihrer speziellen Situation beraten lassen.