Wer sich im Handwerk selbstständig machen möchte, benötigt in der Regel einen sogenannten Meisterbrief. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, einen Handwerksbetrieb ohne Meistertitel zu gründen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Voraussetzungen Handwerker/innen grundsätzlich zur Gründung eines eigenen Betriebs erfüllen müssen und in welchen Fällen ein Handwerksbetrieb ohne Meisterbrief gegründet werden kann. Zudem erklären wir die Vor- und Nachteile einer Selbstständigkeit im Handwerk ohne Meisterbrief und geben einige Hinweise, wie Stripe Handwerkerbetriebe im administrativen Geschäftsbetrieb unterstützen kann.
Worum geht es in diesem Artikel?
- Welche Voraussetzungen müssen Handwerker/innen zur Gründung eines eigenen Betriebs erfüllen?
- In welchen Fällen kann ein Handwerksbetrieb ohne Meisterbrief gegründet werden?
- Die Vor- und Nachteile einer Selbstständigkeit ohne Meisterbrief
- Wie kann Stripe selbstständige Handwerker/innen ohne Meisterbrief unterstützen?
Welche Voraussetzungen müssen Handwerker/innen zur Gründung eines eigenen Betriebs erfüllen?
Handwerker/innen, die sich mit einem eigenen Betrieb selbstständig machen möchten, müssen beziehungsweise sollten einige rechtliche, persönliche und fachliche Voraussetzungen erfüllen.
Rechtlich ist unter anderem eine Anmeldung bei Behörden wie dem Gewerbeamt, dem Finanzamt und der Berufsgenossenschaft vorgeschrieben. Zudem muss das Vertrags- und Arbeitsrecht eingehalten werden sowie insbesondere die Vorschriften zum Arbeitsschutz. Darüber hinaus empfiehlt sich der Abschluss ausgewählter Versicherungen. Eine Betriebshaftpflichtversicherung schützt Handwerksbetriebe im Schadensfall vor hohen Haftungskosten. Sie ist vor allem sinnvoll, wenn ein erhöhtes Risiko für Schäden an Personen, Sachen oder der Umwelt besteht – beispielsweise im Baugewerbe, im Elektrohandwerk oder bei Arbeiten an Wasser- oder Gasleitungen. Auch eine Rechtsschutzversicherung sollten selbstständige Handwerker/innen in Erwägung ziehen, um sich bei juristischen Streitfällen finanziell abzusichern.
Neben zahlreichen persönlichen Fähigkeiten wie Flexibilität, Belastbarkeit, Durchsetzungsvermögen, Risikobereitschaft, Organisationstalent und Kommunikationskompetenz sollten selbstständige Handwerker/innen auch einige konkrete fachliche Fähigkeiten besitzen. Wer ein eigenes Unternehmen führt, benötigt unter anderem kaufmännische Kenntnisse. Denn es gilt, Angebote und Rechnungen zu schreiben, Kosten zu kalkulieren und Budgets zu verwalten, Steuern abzuführen und die Bücher nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu führen (GoBD).
Basis eines eigenen Betriebs ist für Handwerker/innen jedoch vor allem, dass sie ihr Handwerk beherrschen. Grundlage hierfür ist eine solide handwerkliche Ausbildung. Für viele Gewerke ist eine Berufsausbildung allein jedoch nicht ausreichend, um ein eigenes Unternehmen zu gründen – zusätzlich wird ein Meisterbrief vorausgesetzt.
Was ist ein Meisterbrief?
Ein Meisterbrief ist ein offizielles Dokument, das in Deutschland den erfolgreichen Abschluss einer Meisterprüfung in einem Handwerksberuf bescheinigt. Er wird von der Handwerkskammer verliehen und gilt als höchste Qualifikation im handwerklichen Bereich. Der Meisterbrief bestätigt, dass die betreffende Person über umfassende fachliche, berufspädagogische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse, praktische Erfahrung und die Fähigkeit zur Führung eines eigenen Betriebs verfügt.
Einen Meisterbrief erhalten Handwerker/innen, wenn sie die sogenannte Meisterprüfung erfolgreich abschließen. Dieser geht eine meist ein- bis zweijährige Meisterausbildung in einer Meisterschule beziehungsweise einer vergleichbaren Bildungseinrichtung voraus. Voraussetzungen für die Meisterausbildung sind neben einer qualifizierten handwerklichen Berufsausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung bei einigen Handwerkskammern auch ein Mindestalter und/oder eine spezieller Fachkundenachweis.
In welchen Fällen kann ein Handwerksbetrieb ohne Meisterbrief gegründet werden?
Die deutsche Handwerksordnung unterteilt die mehr als 130 handwerklichen Tätigkeiten grundsätzlich in zulassungspflichtige, zulassungsfreie und handwerksähnliche Berufe.
Zulassungspflichtige Tätigkeiten mit Meisterbrief
Zulassungspflichtige Handwerke setzen zur Gründung eines eigenen Betriebs grundsätzlich einen Meisterbrief voraus, da für sie besondere Qualitätsstandards und Sicherheitsanforderungen gelten. Die zulassungspflichtigen Tätigkeiten sind in der Anlage A der Handwerksordnung aufgelistet. Zu ihnen zählen unter anderem:
- Augenoptiker/innen
- Bäcker/innen
- Dachdecker/innen
- Elektrotechniker/innen
- Fleischer/innen
- Friseurinnen und Friseure
- Gerüstbauer/innen
- Glaser/innen
- Informationstechniker/innen
- Karosserie- und Fahrzeugbauer/innen
- Klempner/innen
- Kraftfahrzeugtechniker/innen
- Maler/innen und Lackierer/innen
- Maurer/innen und Betonbauer/innen
- Metallbauer/innen
- Ofen- und Luftheizungsbauer/innen
- Schornsteinfeger/innen
- Straßenbauer/innen
- Tischler/innen
- Zahntechniker/innen
Zulassungsfreie Tätigkeiten ohne Meisterbrief
Die zulassungsfreien Handwerke setzen hingegen keinen Meisterbrief für eine Unternehmensgründung voraus. Denn bei diesen handelt es sich entweder um Tätigkeiten aus künstlerischen und gestalterischen Bereichen oder um Tätigkeiten, bei denen Sicherheitsaspekte eine weniger wichtige Rolle als bei zulassungspflichtigen Handwerken spielen. In der Anlage B Abschnitt 1 der Handwerksordnung finden Sie eine Auflistung der Handwerke, die zulassungsfrei ausgeübt werden können. Dies sind unter anderem:
- Bestatter/innen
- Buchbinder/innen
- Feinoptiker/innen
- Fotografinnen und Fotografen
- Gebäudereiniger/innen
- Geigenbauer/innen
- Glas- und Porzellanmaler/innen
- Graveurinnen und Graveure
- Holzbildhauer/innen
- Keramiker/innen
- Kosmetiker/innen
- Maßschneider/innen
- Metallbildner/innen
- Modellbauer/innen
- Müller/innen
- Präzisionswerkzeugmechaniker/innen
- Schuhmacher/innen
- Segelmacher/innen
- Textilreiniger/innen
- Uhrmacher/innen
Handwerksähnliche Tätigkeiten ohne Meisterbrief
Auch handwerksähnliche Berufe können selbstständig ohne Meisterbrief ausgeübt werden. In der Anlage B Abschnitt 2 der Handwerksordnung sind sämtliche handwerksähnliche Gewerbe aufgeführt – darunter:
- Betonbohrer/innen und -schneider/innen
- Bodenleger/innen
- Bürsten- und Pinselmacher/innen
- Eisenflechter/innen
- Fuger/innen im Hochbau
- Gerber/innen
- Holzreifenmacher/innen
- Holzschuhmacher/innen
- Kabelverleger/innen im Hochbau (ohne Anschlussarbeiten)
- Klavierstimmer/innen
- Kunststopfer/innen
- Maskenbildner/innen
- Metallschleifer/innen und Metallpolierer/innen
- Muldenhauer/innen
- Rohr- und Kanalreiniger/innen
- Schirmmacher/innen
- Stoffmaler/innen
- Teppichreiniger/innen
- Theater- und Ausstattungsmaler/innen
- Theaterkostümnäher/innen
Ohne Meisterbrief, aber mit Berufserfahrung: die Altgesellenregelung
Die Handwerksordnung erlaubt in bestimmten Fällen auch bei zulassungspflichtigen Handwerken die Gründung eines eigenen Betriebs ohne Meisterbrief. Ein solcher Sonderfall ist die Altgesellenregelung (HwO § 7b). Diese besagt, dass sich Handwerker/innen ohne Meister selbstständig machen können, wenn sie die Gesellenprüfung erfolgreich abgelegt haben und darüber hinaus mindestens sechs Jahre Berufserfahrung haben. Mindestens vier Jahre davon müssen sie in leitender Position tätig gewesen sein. Wenn zudem umfangreiche fachliche und kaufmännische Kenntnisse nachgewiesen werden, erhalten die Handwerker/innen eine sogenannte Ausübungsberechtigung.
Eine Ausübungsberechtigung kann ebenfalls ausgestellt werden, wenn Gesellinnen und Gesellen den fehlenden Meisterbrief mit anderen Ausbildungen ausgleichen können. Gleiches gilt, wenn sie nachweisen können, dass eine Ausbildung zum Meister und das Ablegen der Meisterprüfung zum Zeitpunkt der Antragstellung und in Zukunft eine unzumutbare Belastung darstellen. In diesen Fällen müssen dennoch die in HwO § 7b genannten Voraussetzungen bezüglich der Berufserfahrung erfüllt sein.
Betriebsübernahme eines bestehenden Betriebs
Es ist möglich, einen bestehenden Handwerksbetrieb zu übernehmen und diesen ohne Meisterbrief zu führen. Häufig werden Handwerksbetriebe an Mitarbeitende mit langjähriger Berufserfahrung übergeben. In diesem Fall ersetzt die Berufserfahrung den Meistertitel.
Betriebsleiter/innen mit Meister
Wer sich ohne Meister selbstständig machen möchte, kann auch eine technische Betriebsleiterin beziehungsweise einen technischen Betriebsleiter mit Meistertitel anstellen. Deren Expertise genügt der Handwerkskammer, um der Gründung des Betriebs zuzustimmen.
Anerkennung der Berufsqualifikation anderer Länder
Personen, die keine EU-Bürger sind und keinen Meisterbrief der deutschen Handwerkskammer vorweisen können, haben laut HwO § 9 die Berechtigung, einen Handwerksbetrieb in Deutschland zu gründen. Voraussetzung ist eine Bescheinigung aus ihrem Heimatland, mit der sie ihre Berufsqualifikation in einem bestimmten Handwerk nachweisen können. Auch sie erhalten eine Ausübungsberechtigung.
Die Vor- und Nachteile einer Selbstständigkeit ohne Meisterbrief
Die Selbstständigkeit im Handwerk ohne Meisterbrief bietet sowohl Vor- als auch Nachteile. Die wichtigsten Punkte finden Sie nachfolgend zusammengefasst.
Vorteile
- Erleichterter Zugang zur Selbstständigkeit: Handwerker/innen können ohne Meisterbrief schneller in die Selbstständigkeit starten. Mit der Möglichkeit, ein eigenes Unternehmen auf Basis einer Ausübungsberechtigung zu gründen, entfällt eine große Einstiegshürde.
- Zeit- und Kostenersparnis: Wer keine Meisterausbildung macht, spart nicht nur Zeit, die für die Ausbildung aufgewendet werden muss, sondern auch Geld. Je nach Gewerk belaufen sich die Ausbildungskosten auf rund 4.000 bis 9.000 €. Hinzu kommen Prüfungsgebühren, Fahrt- und Unterkunftskosten.
- Höhere Flexibilität bei der Ausrichtung des Geschäftsmodells: Der Wegfall der Meisterpflicht eröffnet Handwerkerinnen und Handwerkern ohne Meisterbrief eine breite Palette an Berufsfeldern. Diese Flexibilität ermöglicht es ihnen, neue Märkte zu erschließen, Nischenmärkte zu erkunden und spezialisierte Dienstleistungen anzubieten, ohne durch formale Meisteranforderungen eingeschränkt zu sein. Zudem können sie leichter auf aktuelle Marktentwicklungen reagieren.
Nachteile
- Fehlende Anerkennung: Der Meisterbrief dient als anerkannter Nachweis für hohe fachliche und unternehmerische Kompetenz. Ohne diesen Titel kann es schwieriger sein, das Vertrauen von Kundinnen und Kunden sowie Geschäftspartnerinnern und Geschäftspartnern zu gewinnen.
- Wettbewerbsnachteile: In einigen Branchen wird der Meisterbrief als Synonym für hohe Qualität als Standard angesehen. Gegenüber Wettbewerberinnen und Wettbewerbern mit Meisterbrief kann dies von Nachteil bei der Kundenakquise sein.
- Eingeschränkte Ausbildungsmöglichkeiten: In vielen Handwerksberufen ist der Meistertitel Voraussetzung für die Ausbildung von Nachwuchskräften ist. Daher können Handwerker/innen ohne Meister in den entsprechenden Gewerken keine Lehrlinge ausbilden.
Vor- und Nachteile einer Selbstständigkeit im Handwerk ohne Meisterbrief
Vorteile
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Nachteile
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Einfacher Zugang für Selbstständige | Mangel bei der Umsetzung |
Zeit- und Kostenersparnis | Wettbewerbsnachteile |
Größere Flexibilität beim Geschäftsmodell | Beschränkte Trainingsmöglichkeiten |
Wie kann Stripe selbstständige Handwerker/innen ohne Meisterbrief unterstützen?
Handwerker/innen, die sich ohne Meister selbstständig machen, müssen hinsichtlich der Unternehmensführung mit den gleichen Herausforderungen umgehen wie ihre Kolleginnen und Kollegen mit Meisterbrief. Dies betrifft unter anderem die administrativen Aufgaben. Stripe kann Sie hierbei auf vielfältige Weise unterstützen.
Statt jede Rechnung händisch zu erstellen und einzeln zu versenden, können Sie Ihre Prozesse digitalisieren. Stripe Invoicing automatisiert die Erstellung und den Versand Ihrer Rechnungen. Damit sparen Sie viel Zeit, die Sie stattdessen mit Aufträgen von Kundinnen und Kunden verbringen können. Eine wiederkehrende Rechnungsstellung ist zudem mit Stripe Billing möglich.
Auch Ihre Zahlungsvorgänge können Sie digital optimieren: Mit Stripe Payments können Sie Ihrer Kundschaft mehr als 100 verschiedene Zahlungsoptionen anbieten und sämtliche Zahlungen einfach und schnell akzeptieren und verwalten. Die Digitalisierung Ihrer Zahlungsvorgänge erlaubt Ihren Kundinnen und Kunden auf die Art zu bezahlen, die sie bevorzugen.
Ihre Kundinnen und Kunden können Ihre Leistungen mit Stripe ebenfalls direkt vor Ort bezahlen: Mit Stripe Terminal können Sie Zahlungen schnell und einfach über ein iPhone oder Android-Gerät abwickeln – dank Tap to Pay. Alternativ können Sie ein vorzertifiziertes Kartenlesegerät wie das S700 oder ein mobiles Gerät wie das BBPOS WisePad 3 nutzen. Auf diese Weise erhalten Sie Ihre Bezahlung nicht nur möglichst schnell, sondern sämtliche Transaktionen werden automatisch in Ihre Buchhaltungssysteme übermittelt.
Mit Stripe Revenue Recognition erhalten Sie zudem einen schnellen und umfassenden Überblick über sämtliche Umsätze. Darüber hinaus ist es möglich, Transaktionen periodisch zu buchen oder Umsatzberichte zu automatisieren.
Der Inhalt dieses Artikels dient nur zu allgemeinen Informations- und Bildungszwecken und sollte nicht als Rechts- oder Steuerberatung interpretiert werden. Stripe übernimmt keine Gewähr oder Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Angemessenheit oder Aktualität der Informationen in diesem Artikel. Sie sollten den Rat eines in Ihrem steuerlichen Zuständigkeitsbereich zugelassenen kompetenten Rechtsbeistands oder von einer Steuerberatungsstelle einholen und sich hinsichtlich Ihrer speziellen Situation beraten lassen.