Beim innereuropäischen B2B-Handel müssen Unternehmen die umsatzsteuerlichen Regelungen des EU-Binnenmarkts beachten. Wer Waren an ein Unternehmen in einem Drittstaat liefert, sollte die Unterschiede zum Inlandshandel kennen – sonst drohen steuerliche Risiken und Nachzahlungen.
In unserem Artikel erfahren Sie, was innergemeinschaftliche Lieferungen sind und weshalb sie als Rechtsinstrument eingeführt wurden. Zudem erläutern wir, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt: Wir geben außerdem einen Überblick, welche Angaben eine entsprechende Rechnung enthalten muss und welche Meldepflichten für Unternehmen gelten.
Worum geht es in diesem Artikel?
- Was ist eine innergemeinschaftliche Lieferung?
- Warum gibt es die innergemeinschaftliche Lieferung?
- Welche Bedingungen müssen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt sein?
- Welche Pflichtangaben muss eine Rechnung für eine innergemeinschaftliche Lieferung enthalten?
- Welche Meldepflichten gelten bei innergemeinschaftlichen Lieferungen?
- Welche Sonderfälle gibt es bei innergemeinschaftlichen Lieferungen?
Was ist eine innergemeinschaftliche Lieferung?
Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist eine grenzüberschreitende Lieferung von Waren und Produkten zwischen Unternehmen unterschiedlicher EU-Länder. Da die Unternehmen dabei unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit sind, wird häufig auch von der „steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung” gesprochen. Mit dem Fokus auf Warenlieferungen ist sie zu unterscheiden von der innergemeinschaftlichen sonstigen Leistung: Diese liegt vor, wenn ein Unternehmen Dienstleistungen in einem anderen EU-Land erbringt.
Die rechtliche Grundlage der innergemeinschaftlichen Lieferung findet sich in den folgenden Gesetzestexten:
- UStG § 4 Nr. 1 Buchstabe b
- UStG § 4 Nr. 6a
- UStDV § 17
Ausführliche Informationen zu den gesetzlichen Regelungen können Sie im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) des Bundesfinanzministeriums nachlesen – siehe vor allem die Abschnitte 6a.1. bis 6a.8.
Warum gibt es die innergemeinschaftliche Lieferung?
Ziel der innergemeinschaftlichen Lieferung ist es, den grenzüberschreitenden Handel zu vereinfachen, und damit den europäischen Warenverkehr zu fördern. Als Rechtsinstrument hat die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung die sogenannte steuerfreie Ausfuhrlieferung abgelöst, als zum Jahreswechsel 1992/1993 der europäische Binnenmarkt eingeführt wurde.
Die Vereinfachung durch die innergemeinschaftliche Lieferung besteht darin, dass die Umsatzbesteuerung im Land der Empfänger/innen vorgenommen wird. Dies bedeutet eine enorme bürokratische Entlastung für die liefernden beziehungsweise rechnungsstellenden Unternehmen. Denn diese müssten ohne die Regelung die Umsatzsteuer jeweils im anderen EU-Land an das Finanzamt abführen. Im Zuge der innergemeinschaftlichen Lieferung ist die Warenlieferung für die leistenden Unternehmen steuerfrei.
Aus Sicht der empfangenden Unternehmen führt die innergemeinschaftliche Lieferung zu einem innergemeinschaftlichen Erwerb. Als Erwerber/innen müssen sie die Erwerbsumsatzsteuer im eigenen Land abführen. Sie kann auch als Vorsteuer abgezogen werden, wenn das Unternehmen zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
- Der Handel zwischen EU-Unternehmen folgt bis auf wenige Ausnahmen demnach dem Schema:
Das leistende Unternehmen stellt dem empfangenden Unternehmen eine Rechnung über den Nettobetrag aus, also ohne Umsatzsteuer. - Das empfangende Unternehmen berechnet selbstständig die fällige Umsatzsteuer nach dem Satz seines Heimatlandes und führt sie dort an das Finanzamt ab.
Welche Bedingungen müssen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt sein?
Damit eine Warenlieferung als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung anerkannt wird, müssen einige Bedingungen erfüllt sein:
- Die Warenlieferung muss zwischen zwei Unternehmen erfolgen. Diese müssen ihren Sitz in unterschiedlichen EU-Mitgliedsstaaten haben.
- Beide Unternehmen müssen über eine Umsatzsteueridentifikationsnummer verfügen (USt-IdNr.).
- Das empfangende Unternehmen muss die Ware für das Unternehmen oder eine juristische Person erwerben. Für Privatkäufe gelten andere Bestimmungen.
- Der Versand beziehungsweise die Beförderung der Ware muss nachgewiesen werden – unter anderem durch einen Belegnachweis sowie einen Buchungsnachweis.
- Die Ware unterliegt beim empfangenden Unternehmen der Umsatzsteuer.
- Die Rechnung von Seiten den leistenden Unternehmens muss korrekt und unter Einhaltung einiger Besonderheiten gestellt werden (siehe unten).
- Das leistende Unternehmen muss beim Finanzamt eine zusammenfassende Meldung einreichen (siehe unten).
Wichtig ist, dass die Voraussetzungen allesamt erfüllt sind und dies von den beteiligten Unternehmen auch nachgewiesen werden kann – beim Versand zum Beispiel mittels Gelangsbestätigung, Spediteurbescheinigung, Frachtbrief oder Versendungsprotokoll. Nebenleistungen des leistenden Unternehmens wie die Verpackung, der Transport oder die Versicherung der Ware sind dann ebenfalls umsatzsteuerfrei. Es gilt der Grundsatz „Nebenleistungen teilen umsatzsteuerrechtlich das Schicksal der Hauptleistung“ (vgl. Abschnitt 3.10. Abs. 5 UStAE).
Welche Pflichtangaben muss eine Rechnung für eine innergemeinschaftliche Lieferung enthalten?
Unternehmen, die Rechnungen für steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen stellen, müssen zunächst die laut §14 Abs. 4 UStG vorgegebenen Pflichtangaben beachten:
- Name und Anschrift des Rechnungsstellers/der Rechnungsstellerin
- Steuernummer des Rechnungsstellers/der Rechnungsstellerin
- Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsstellers/der Rechnungsstellerin
- Name und Anschrift des Rechnungsempfängers/der Rechnungsempfängerin
- Ausstellungsdatum der Rechnung
- Zeitpunkt beziehungsweise Datum der Leistungserbringung
- Fortlaufende Rechnungsnummer
- Nennung der Dienstleistung
- Art und Umfang der Dienstleistung
- Nettobetrag (Wichtig: Der Steuersatz sowie der Bruttobetrag entfallen!)
Darüber hinaus müssen zwei Besonderheiten beachtet werden, die speziell für die Rechnungsstellung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen gelten:
- Neben der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsstellers/der Rechnungsstellerin muss die Rechnung auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des empfangenden Unternehmens enthalten. Ohne diese Angabe liegt die Umsatzsteuerschuld bei der rechnungsstellenden Seite, die vom heimischen Finanzamt zu Nachzahlungen verpflichtet werden kann.
- Zudem muss auf der Rechnung ein schriftlicher Hinweis auf die Steuerbefreiung ergänzt werden. Auf einer deutschen Rechnung wäre dies: „steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung”.
Rechnungshinweise in den Amtssprachen der EU-Länder
Nachfolgend finden Sie den Hinweis zur Steuerbefreiung bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung für die verschiedenen Länder der Europäischen Union:
- Belgien: livraison intracommunautaire exonérée TVA
- Bulgarien: Neoblagaema vatreshnoobshtnostna dostavka
- Dänemark: momsfri EU levering
- Estland: käibemaksuvaba ühendusesisene kättetoimetamine
- Finnland: veroton yhteisömyynti
- Frankreich: livraison intracommunautaire exonérée TVA
- Griechenland: tax free intracommunity delivery
- Irland: tax free intracommunity despatch
- Italien: cessioni intracomunitarie esenti
- Lettland: Ar 0% apliekamas precu piegades ES ietvaros, PVN likuma 28. pants*)
- Litauen: pridétinés vertés mokesciu neapmokestinamas tiekimas Europos Sajungos viduje
- Luxemburg: livraison intracommunautaire exonérée TVA.
- Malta: tax free intracommunity delivery
- Niederlande: intracommunautaire levering
- Österreich: steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung
- Polen: wewnatrzwspólnotowa dostawa towarów opodatkowana wg. stawki podatku 0% (Art.42 Ust. 0 pod. od tow.il usl.)
- Portugal: fornecimento inter-comunitário isento de IVA
- Rumänien: Livrare intracomunitara scutita de TVA.
- Schweden: skattefri gemenskapsintern leverans
- Slowakei: od dane oslobodené intrakomunitárne dodávky
- Slowenien: oprostitev plačila DDV pri dobavah znotraj EU
- Spanien: entrega intracomunitaria libre de impuesto
- Tschechische Republik: dodání zbozí do jiného clenského státu, osvobozené od DPH
- Ungarn: forgalmiadó-mentes, Közösségenbelülrol történo áruszállítás
- Zypern: tax free intracommunity delivery
Zur rechtlich einwandfreien Rechnungserstellung können Unternehmen auf die Dienste zertifizierter Zahlungsdienstleister wie Stripe zurückgreifen. Diese bieten mit Hilfe intelligenter Rechnungsprogramme nicht nur automatisierte Abläufe, sondern auch auf ein Minimum reduzierte Fehlerquoten – unter anderem bei Rechnungen für steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen.
Welche Meldepflichten gelten bei innergemeinschaftlichen Lieferungen?
Zu den wichtigsten Pflichten eines Unternehmens, das innergemeinschaftliche Lieferungen tätigt, gehört laut §18a UStG die regelmäßige Meldung der entsprechenden Umsätze an das Finanzamt. Dies geschieht mittels einer zusammenfassenden Meldung (ZM). In dieser sind die innergemeinschaftlichen Lieferungen aufgelistet und werden in elektronischer Form übermittelt – in Deutschland über das Portal ELSTER. Der Meldezeitraum beträgt ein Quartal. Wenn die innergemeinschaftlichen Lieferungen innerhalb der drei Monate über 50.000 Euro liegen, muss jedoch monatlich gemeldet werden. Stichtag ist der 25. des Folgemonats. Mit Hilfe der ZM können die im Austausch stehenden EU-Finanzämter überprüfen, ob die beteiligten Unternehmen die Umsätze korrekt versteuert haben.
Überschreiten die innergemeinschaftlichen Lieferungen 500.000 Euro im Vorjahr, muss das leistende Unternehmen diese zusätzlich im Rahmen der Intrahandelsstatistik des Statistischen Bundesamts melden. Gleiches gilt für Liefereingänge über 800.000 Euro pro Jahr.
Wird die Grenze im laufenden Kalenderjahr überschritten, beginnt die Meldepflicht mit dem Monat, in dem der Wert überschritten wurde.
Welche Sonderfälle gibt es bei innergemeinschaftlichen Lieferungen?
Nicht in allen Fällen handelt es sich bei innereuropäischen Warenlieferungen zwischen Unternehmen um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Gaslieferungen über das Erdgasnetz und von Elektrizität im Sinne des § 3g UStG stellen beispielsweise keine innergemeinschaftlichen Lieferungen dar. Die Lieferung neuer Fahrzeuge wird hingegen immer als innergemeinschaftliche Lieferung behandelt – selbst wenn die Empfänger/innen Privatpersonen sind.
Auch für Kleinunternehmer/innen gibt es eine Besonderheit: Sie sind laut § 19 UStG grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit und müssen keine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben. Dies ändert sich jedoch bei innergemeinschaftlichen Lieferungen. Sobald Kleinunternehmer/innen an einer solchen beteiligt sind, müssen sie eine Voranmeldung für den entsprechenden Zeitraum abgeben und die Lieferung vermerken.
Da es noch zahlreiche weitere Sonderfälle gibt, die die Rechnungsstellung und Besteuerung von Unternehmen bei innereuropäischen Warenlieferungen beeinflussen, sollten die geltenden Gesetze und Vorschriften genau geprüft werden. Optional können Sie in Erwägung ziehen, sich professionelle Unterstützung zu holen. Gerade bei grenzüberschreitenden Geschäften ist eine genaue Kenntnis der steuerlichen Regelungen notwendig. Stripe berät Sie gerne – melden Sie sich einfach beim Sales-Team von Stripe.
Der Inhalt dieses Artikels dient nur zu allgemeinen Informations- und Bildungszwecken und sollte nicht als Rechts- oder Steuerberatung interpretiert werden. Stripe übernimmt keine Gewähr oder Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Angemessenheit oder Aktualität der Informationen in diesem Artikel. Sie sollten den Rat eines in Ihrem steuerlichen Zuständigkeitsbereich zugelassenen kompetenten Rechtsbeistands oder von einer Steuerberatungsstelle einholen und sich hinsichtlich Ihrer speziellen Situation beraten lassen.